Die Bundesregierung macht Druck auf die Atomindustrie

Energie: Bei der Brennelementesteuer soll es nicht bleiben: Die schwarz-gelbe Koalition erwägt eine weitere Abgabe für die Betreiber.

Berlin. "Allein, dass der Referentenentwurf vorliegt, übt vielleicht Druck auf die Atomindustrie aus”, heißt es im Bundesfinanzministerium. Es geht um die Brennelementesteuer. Am Donnerstag hat das Ministerium einen ersten Gesetzesvorschlag an die anderen Ressorts zur Abstimmung verschickt. Die Kraftwerksbetreiber sind sauer auf die schwarz-gelbe Regierung, die ernst mit ihrem Plan macht, die Gewinne aus der Atomkraft zusätzlich steuerlich zu belasten.

In der Atomausstiegsvereinbarung, die die rot-grüne Koalition im Jahr 2000 mit der Industrie schloss, stand: "Die Bundesregierung wird keine Initiative ergreifen, mit der die Nutzung der Kernenergie durch einseitige Maßnahmen diskriminiert wird.” Die Brennelementesteuer, so sieht es die Wirtschaft, wäre aber eine einseitige Diskriminierung.

Deshalb droht sie mit einer Klage. Das Finanzministerium bestätigte gestern, dass Staatssekretär Werner Gatzer parallel zum Gesetzgebungsverfahren mit den vier großen Energiekonzernen über eine vertragliche Lösung als Alternative verhandelt. Die müsste aber ebenfalls die angepeilten 2,3 Milliarden Euro jährlich in den Bundeshaushalt spülen.

Die Unternehmen hatten vorgeschlagen, das Geld in einen Fonds zu zahlen, was die Bundesregierung ablehnt. Um Klagen zu erschweren, hat das Finanzministerium die Abgabe als Verbrauchssteuer konzipiert, die auf die Kernbrennstoffe Uran und Plutonium erhoben werden soll. Für jedes Gramm verarbeitetes Brennmaterial sollen 220 Euro fällig werden.

Laut Ministerium ist die Höhe der Abgabe so berechnet, dass der Bund am Ende 2,3 Milliarden Euro jährlich einnehmen werde. Der Entwurf geht davon aus, dass ein Teil der 17 deutschen AKW in den kommenden Jahren aus Altersgründen vom Netz geht.

Wie jede Steuer ist die Brennelementesteuer zudem als Betriebsausgabe abziehbar. "Auch das haben wir eingerechnet”, heißt es im Ministerium.

Ob die Atomindustrie noch mit einer anderen Abgabe belastet wird, um die Zusatzgewinne durch die geplante Laufzeitverlängerung teilweise abzuschöpfen, ist noch offen. Dies soll ein Gutachten klären, das bis Ende August vorliegen soll.

Es spielt mehrere Szenarien mit Laufzeiten durch und prüft sie unter den Gesichtspunkten Versorgungssicherheit, technische Sicherheit, betriebswirtschaftliche Konsequenzen. Als Richtschnur hat Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) ausgegeben, dass 50 Prozent der Zusatzgewinne an den Bund gehen sollten.

Die Idee, längere Laufzeiten für die Kraftwerke per Auktion zu vergeben und über diesen Weg die Zusatzgewinne abzuschöpfen, ist jedenfalls schon vom Tisch.

Ein Ministeriumssprecher machte deutlich, dass der Gesetzgeber bei geringeren als den anvisierten Einnahmen durch die Brennelementesteuer weiter an der Steuerschraube drehen könne. "Da sind wir flexibel.”