Die Früchte des Volkszorns

Sarkozys Attacken gegen Zuwanderer entsetzen Intellektuelle, doch die Wähler klatschen Beifall.

Paris. Frankreichs Intellektuelle und Menschenrechtler schäumen vor Wut, das Polit-Magazin "Marianne" prangert den Präsidenten gar als "Ganoven der Republik" an, und selbst der Pariser Erzbischof André Vingt-Trois ist entsetzt über Nicolas Sarkozys unerwartet scharfen Rechtsruck.

Trotz dieser beißenden Polemik genießt dieser seinen Côte-d’Azur-Urlaub an Carla Brunis Seite und hat sogar allen Grund, sich klammheimlich ins Fäustchen zu lachen. Er erntet die Früchte des Zorns, denn im Volk kommen seine Attacken gegen Zuwanderer und Roma sehr gut an. Es ist ein kleiner Lichtblick nach Monaten der Finsternis: Das Stimmungsbarometer steigt wieder. Zwei Prozentpunkte legte Nicolas Sarkozy zu, seitdem er Ende Juli nach tagelangen Ausschreitungen in der Alpenstadt Grenoble in ruppigem Ton zum gezielten Gegenschlag ausholte.

Gewalttätigen Zuwanderern, die ihre Hand gegen Polizisten, Gendarmen und andere Amtspersonen erhöben, betonte der Präsident, werde künftig die französische Staatsangehörigkeit aberkannt. Ferner erwägt die Regierung, auch die Eltern krimineller Heranwachsender zu bestrafen.

Seit den Krawallen in der Pariser Banlieue 2005 weiß der frühere Innenminister zu genau, dass er mit rechtspopulistischer Rhetorik beim Wähler erfolgreich punkten kann. Hohe Kriminalitätsraten bei Zuwanderern, meistens Nordafrikaner, sind nämlich keinesfalls ein Hirngespinst des Präsidenten, sondern statistisch präzise belegt. Ein wunder Punkt für die weiße französische Mehrheitsgesellschaft: Die Gewaltbereitschaft in den Immigranten-Ghettos ist längst so groß, dass sich die Ordnungskräfte nicht mehr trauen, ihren Fuß in regelrecht verminte Quartiere zu setzen.

Nicolas Sarkozy sieht sich in seiner breit angelegten Anti-Zuwanderer-Kampagne nicht nur durch Meinungsumfragen bestätigt. Auch die Präsidentenpartei UMP verzeichnet neuerdings wieder Zulauf.

Zur selben Zeit wird der Chor der Kritiker immer größer. Die Sozialisten-Chefin Martine Aubry wirft Sarkozy "antirepublikanische Ausfälle" vor, ihr Parteifreund, Ex-Premier Michel Rocard, geißelt die rechtspopulistischen Ausfälle als "Politik des Bürgerkrieges", wie es sie sei Vichy nicht mehr gegeben habe.