Die Opposition ist offline — aber nicht sprachlos
Twitter und Facebook spielen für die Organisation des Protests eine große Rolle. Google hilft nun, die Sperre zu umgehen.
Kairo. Noch nie in der Geschichte des Internets wurde ein Land so radikal vom Netz getrennt wie jetzt Ägypten. Die Internet-Provider des Landes kappten bereits am vergangenen Freitag in einer konzertierten Aktion alle Verbindungen in das weltweite Netzwerk. Als sich gestern der „Marsch der Millionen“ formierte, funktionierten immerhin wieder die Mobilfunknetze, die bei der ersten Protestwelle in der vergangenen Woche abgeschaltet worden waren.
In Sachen Telekommunikation ist Ägypten kein Entwicklungsland mehr, sondern eine moderne Volkswirtschaft. Von den 80 Millionen ägyptischen Bürgern besitzen schätzungsweise 55 Millionen ein Handy, etliche von ihnen ein Smartphone mit Videokamera.
Im Vorfeld des Volksaufstandes am Nil spielte das Internet die Rolle eines Katalysators, gerade bei jungen Leuten. Da es im Alltag nur wenig Freiräume für eine kritische Diskussion gab, liefen die heißen Debatten in Blogs und in Online-Netzwerken wie Facebook und Twitter ab. Auch bei der Organisation von Protestaktionen spielten Twitter und Facebook eine wichtige Rolle.
Damit die Stimmen aus Ägypten in den sozialen Netzwerken trotz der Netz-Blockade nicht verstummen, hat der Suchmaschinen-Konzern Google eigens einen Dienst eingerichtet, mit dem sich die Kommunikationssperre umgehen lässt.
Twitterer in Ägypten können ihre Kurznachrichten nun per Telefonanruf absetzen. Die Botschaften werden von einem Spracherkennungsprogramm in Text umgewandelt und dann mit dem Schlagwort „egypt“ augenblicklich bei Twitter veröffentlicht. Diese Mitteilungen können auch angehört werden: http://twitter.com/speak2tweet