Die US-Botschaft — Horchposten am Brandenburger Tor?
Angeblich wurde der Spähangriff aus der Berliner Vertretung heraus gesteuert — von einer amerikanischen Spezialeinheit.
Berlin/Düsseldorf. Die Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika gehört in Berlin zu den allerersten Adressen: ein mächtiger Gebäudekomplex mit vier Etagen, Pariser Platz 2, direkt am Brandenburger Tor. Reichstag, Kanzleramt, Ministerien und auch die meisten Abgeordnetenbüros sind in Rufweite — oder vielleicht sollte man in diesen Tagen besser Hörweite sagen. Denn es gibt den Verdacht, dass das Handy von Kanzlerin Angela Merkel direkt aus der Botschaft ausspioniert wurde.
Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ existiert beim US-Geheimdienst eine Liste über Lauschattacken gegen ausländische Regierungschefs, die von einer Spezialeinheit der amerikanischen Geheimdienste geführt werde, dem „Special Collection Service“ (SCS). Was Merkel angeht, soll darin die US-Botschaft am Brandenburger Tor als „Operationsbasis“ genannt worden sein.
Eine Bestätigung dafür gibt es nicht. Der deutsche Vize-Regierungssprecher Georg Streiter sagte am Freitag nur: „Darüber habe ich gar keine Erkenntnisse.“ Dies sei jetzt „Teil der Aufklärung“. Der Botschafter selbst, der frühere Investmentbanker John B. Emerson, will keine Auskunft geben. Der Mann ist erst kurz im diplomatischen Geschäft, hat aber bereits gelernt, dass man sich in solch heiklen Angelegenheiten besser gar nicht äußert.
So bleibt das meiste nur Vermutung. Bekannt ist, dass die USA an ihren sechs deutschen Standorten (außer Berlin noch Düsseldorf, München, Hamburg, Frankfurt und Leipzig) nicht nur Diplomaten, sondern auch Geheimdienstler beschäftigen — was international durchaus üblich ist. Auch in Deutschlands großen Auslandsvertretungen, in der Botschaft in Washington, ist der Bundesnachrichtendienst dabei.
Vom deutschen Strafgesetzbuch her sind die Befugnisse für die US-Nachrichtendienstler allerdings sehr begrenzt. Sie können Kontakte pflegen oder auf offenen Wegen Informationen sammeln. Nachrichtendienstliche Mittel sind für sie aber eigentlich tabu: sich in Rechner einschleusen etwa, Quellen anwerben, Telefone anzapfen oder Mails ausforschen.