Ein letztes Mal „Benedetto“-Rufe
Auf dem Petersplatz jubeln tausende Pilger dem Papst zu. Ab morgen wird das Konklave vorbereitet.
Rom. Schon Stunden vorher ist die Stimmung auf dem rappelvollen Petersplatz prächtig. Zehntausende Pilger warten auf die letzte Generalaudienz von Papst Benedikt XVI.. Immer wieder schallen „Benedetto“-Rufe über den Platz, mit ihren Fahnen, Tüchern und Transparenten verwandeln die Pilger den großen Platz vor dem berühmten Petersdom in ein buntes Fahnenmeer. Viele von ihnen singen und jubeln. Als schließlich Benedikt mit seinem Papamobil durch die Reihen fährt, kennt der Jubel keine Grenzen mehr. Lauter Applaus brandet auf, alle wollen den scheidenden Papst einen Tag vor seinem Rücktritt ein letztes Mal aus der Nähe sehen, ihm zuwinken und sich bedanken.
Auch viele Pilger aus Deutschland und vor allem aus Benedikts Heimat Bayern sind bei seiner letzten Generalaudienz dabei. Überall leuchten die deutschen und bayerischen Farben auf. „Das ist unser bayrischer Papst und das ist ein Erlebnis, dass wir das noch miterleben dürfen“, sagt Alois Bauer, der mit dem Oldtimer-Club Grainet aus Bayern angereist ist. „Es ist eine große Sache, bei diesem Schlusspunkt jetzt dabei zu sein“, sagt der Priester Franz-Xaver Weber aus Baden-Württemberg.
Der ganz in weiß gekleidete Benedikt ist sichtlich gerührt von der Begeisterung der Menschenmassen. Auch in seiner Ansprache wird er immer wieder von lautem Applaus unterbrochen. Er breitet lächelnd die Arme aus und grüßt in die Menge. „Ich bin wirklich bewegt“, sagt er. Sogar das Wetter in Rom ist mit strahlendem Sonnenschein pünktlich zu Benedikts letztem großen Auftritt wieder gut.
Heute sagt er dann seinen höchsten Beratern Lebewohl, den schon in den Startlöchern für das Konklave sitzenden Kardinälen. Der spektakuläre erste Rücktritt eines Papstes in der Neuzeit schafft große Unruhe im Vatikan und hält die katholische Weltkirche in einem Schwebezustand.
Schatten liegen über dem knapp achtjährigen Pontifikat des deutschen Papstes. Schatten liegen aber auch über dem Konklave im März und der Zukunft der Kirche. Zu viele Baustellen gibt es. Denn Joseph Ratzinger war ein Bewahrer, kein Neuerer der Kirche. Während Rom spekuliert, warum der 85-jährige Benedikt den Stuhl Petri verlässt, holen die Krisen der vergangenen Jahre den Vatikan wieder ein.
Wenn die wahlberechtigten Kardinäle sich im März in Rom versammeln, um das Konklave vorzubereiten, dann dürften sie vor allem eines haben: Diskussionsbedarf. Was bedeutet der Rücktritt für die künftige Rolle des Papstes? Wie viele eiserne Besen braucht es, um nach der „Vatileaks“-Affäre im Vatikan gründlich auszufegen? Und auch der Missbrauchsskandal wirft weiter lange Schatten.