Flüchtlingsdebatte Emotionen und Attacken

Flüchtlingsdebatte im Landtag: Aus Sicht der Opposition versagt die Regierung beim Krisenmanagement.

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Düsseldorf. Fast kann man den Eindruck haben, Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) könnte mit ihrer Regierungserklärung zur Flüchtlingspolitik auch die Opposition mitnehmen. Mitnehmen bei einer gemeinsamen Anstrengung zur Bewältigung der Probleme, die das Land, die Kommunen und vor allem die vielen Menschen haben, die sich engagieren. Die sich einsetzen, die 7000 Flüchtlinge zu versorgen, die wöchentlich Nordrhein-Westfalen erreichen.

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Sehr emotional, mit vielen Einzelbeispielen, schildert die Ministerpräsidentin im Landtag, was ehrenamtliche und hauptamtliche Helfer täglich leisten. Dass sie dabei die Redezeit kräftig überzieht, verzeiht ihr der Oppositionsführer Armin Laschet (CDU) großzügig, schaltet dann aber sofort auf Angriff: „Sie hätten noch viel länger reden dürfen, wenn Sie nur Konkretes gesagt hätten.“ Als hätte er 45 Minuten lang nicht zugehört, was da auch an konkreten Ansätzen der Regierungschefin gekommen war.

Etwa, dass die Regierung noch im Haushalt 2015 knapp 400 neue Stellen für die hauptamtliche Betreuung der Flüchtlinge schaffen werde, um die ehrenamtlichen Helfer, die vielfach „am Ende ihrer Kräfte angekommen sind, zu entlasten“. Zusätzlich 360 Millionen Euro seien für Flüchtlingseinrichtungen und zusätzliche Gebäude eingeplant. Mehr als 2600 Stellen im Schulbereich würden zusätzlich geschaffen, Personal in der Justiz für die Behandlung von Asylfällen werde aufgestockt.

„Es ist nicht damit getan, als Ministerpräsidentin eines starken Landes nur mehr Geld vom Bund zu fordern“, so Laschet. Im Übrigen lade das Land die Probleme bei den Kommunen ab, die nur ein Drittel der Kosten für die Flüchtlingsversorgung erstattet bekämen. „In anderen Bundesländern würden die Kosten der Kommunen voll erstattet, betont Laschet und warnt: „Die Stimmung, die Willkommenskultur, kann auch umschlagen, wenn Verwaltungshandeln versagt.“

Die Willkommenskultur, die viele Bürger im Land täglich demonstrieren, ist das, was Kraft in ihrer Rede besonders hervorhebt. „Ein wahrer Freund zeigt sich in der Not“, sagt sie, und: „Wie ein Land tickt, das zeigt sich in einer solchen Situation.“ Sie sei stolz auf die Hilfsbereitschaft der Menschen, die „immer wieder das scheinbar Unmögliche schaffen und dafür sorgen, dass Tag für Tag tausende Menschen, die neu zu uns kommen, eine sichere Unterkunft finden.“

Mit Blick auf diejenigen, die den Flüchtlingen mit Abstand begegnen, sagt sie: „Fremd ist nur derjenige, bei dem man nicht die Chance hatte, ihn kennenzulernen.“

Zur Ehrlichkeit gehöre freilich auch, dass es Menschen gebe, die gegen Flüchtlinge hetzen und Hass und Gewalt verbreiten. Kraft: „Diesen Brandstiftern in Wort und Tat sagen wir unmissverständlich: Ihr werdet diese Gesellschaft nicht vergiften mit euren dumpfen und dummen Parolen.“ In NRW habe die Polizei die meisten Übergriffe aufklären können, auch deshalb, weil Zeugen und Anwohner selbst relativ kleine Straftaten melden. „Ich appelliere an alle Bürger: Bleiben Sie wachsam“, ruft Kraft.

Für die FDP betont Joachim Stamp, dass es „Konsens aller Demokraten sein sollte, dass Humanität kein Preisschild hat“. Doch auch er greift die Politik der Landesregierung an: „Das Boot ist nicht voll, aber das Boot wird heute sehr schlecht gesteuert.“ Es dürfe nicht sein, dass die Kommunen die Leidtragenden sind und die Unterbringung der Flüchtlinge auf Zuruf erledigen müssten.

CDU und FDP wollen, dass die Liste der sogenannten sicheren Herkunftsländer um weitere Westbalkanstaaten erweitert wird. Deren Bewohner erhalten in der Regel kein Asyl in Deutschland.