Energie: Warum keine Gas-Engpässe drohen
Versorgung ist trotz Streits zwischen Moskau und Kiew sicher.
Moskau. Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine verschärft sich. Der russische Energiekonzern Gazprom warf der Ukraine vor, für Empfänger in Westeuropa bestimmtes Gas zu "stehlen". Dies werde von ukrainischer Seite offen zugegeben, sagte ein Gazprom-Sprecher gestern in Moskau.
Statt der von russischer Seite geforderten Durchleitung von 303 Millionen Kubikmetern Gas habe die Ukraine für die kommenden 24 Stunden nur den Transport von 296 Millionen Kubikmetern zugesagt.
Das ukrainische Energieunternehmen Naftogaz wies den Vorwurf dagegen umgehend zurück. Es werde lediglich aus technischen Gründen eine gewisse Menge zurückgehalten, teilte der Konzern in Kiew mit. Dabei handele es sich um 21 Millionen Kubikmeter Gas innerhalb von 24 Stunden.
Russland hatte im Streit um ausstehende Zahlungen sowie erhöhte Preise die Gasversorgung für die Ukraine gekappt. Ein Großteil des russischen Erdgases für Deutschland und andere europäische Länder strömt über Leitungen auf ukrainischem Boden.
Die Bundesregierung forderte Moskau und Kiew derweil eindringlich zur Lösung ihres Streits auf. "Beide haben sich in dieser Situation als verlässliche Partner zu erweisen", sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Freitag in Berlin.
Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine über neue Gaspreise und Lieferverträge waren am Silvesterabend gescheitert. Versorgungsengpässe in Deutschland sind nach Regierungsangaben auf absehbare Zeit allerdings nicht zu befürchten.
Russland pumpt weiter ausreichend Gas über Transitleitungen in der Ukraine und Weißrussland nach Westeuropa. Nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft liefern auch Länder wie Norwegen, Großbritannien und die Niederlande unvermindert Gas. Sie könnten bei Bedarf die Menge erhöhen. Zudem gebe es in Deutschland Erdgasförderung und hohe Speicherkapazitäten.
Die Speicher sind laut deutschen Gasversorgern gut gefüllt. Außerdem ist der Energiebedarf wegen des milden Winters und angesichts von Produktionskürzungen infolge der Finanzkrise derzeit nicht extrem.
Experten geben unsere Abhängigkeit mit 45 Prozent an. Dabei betonen Eon Ruhrgas in Essen und andere Geschäftspartner des russischen Gasmonopolisten Gazprom, der der Ukraine den Gashahn zugedreht hat, immer wieder, dass Russland ein verlässlicher Lieferant sei.
Die Deutschen haben seit 35 Jahren keinen Grund zum Klagen über Gas aus der früheren Sowjetunion und nun aus Russland. Allein EonRuhrgas bezieht rund ein Viertel seines Gases aus Russland. Der weltgrößte Gaskonzern Gazprom ist auch Sponsor des Gelsenkirchener Fußball-Bundesligisten Schalke04.
Kritiker werfen der politischen Führung in Moskau vor, die Abhängigkeit von den reichen Ressourcen Russlands als politisches Druckmittel zur Durchsetzung von Interessen zu missbrauchen. Oft ist die Rede vom "Gas" als Waffe des Kremls.
Deshalb strebt etwa auch die Europäische Union nach Alternativen, zum Beispiel Gas aus zentralasiatischen Staaten wie Turkmenistan unter Umgehung Russlands zu beziehen. So ist es Europas Ziel, mit der geplanten Nabucco-Pipeline durch Aserbaidschan künftig weniger abhängig von Russland und seinem Gasmonopolisten Gazprom zu sein. Daneben werden verstärkt Windkraft und Sonnenenergie als alternative Energien genutzt. AFP/dpa