Serie „Die EU und ich“ „Erasmus“-Programm: Wie Studenten Europa erobern
Düsseldorf · Vor der Europawahl stellen wir Menschen vor, für die die EU ganz nah ist. Sabrina Sandmann betreut an der Düsseldorfer Universität Studenten, die mit „Erasmus“ ins EU-Ausland gehen.
Romanistik studieren auf der Trauminsel La Réunion? Oder Sozialwissenschaften in Akureyri am Fuße eines isländischen Fjords? Vielleicht Biologie unterm Nordlicht von Tromsø in Norwegen? Die EU macht es möglich. Und Sabrina Sandmann. Die 33-Jährige berät an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität Studenten, die mit dem Erasmus-Programm ins Ausland gehen wollen. Ins EU-Ausland und mit EU-Förderung.
Die Hochschule hat über 350 Erasmus-Kooperationsverträge mit 200 Unis in 31 Ländern. Natürlich können die Düsseldorfer Studis mit anderen Austauschprogrammen auch nach Übersee – doch die Verfahren sind meist komplizierter, da in der Regel ein Visum benötigt wird oder zum Teil sogar ärztliche Bescheinigungen. „Im Rahmen von Erasmus einen neuen Vertrag aufzusetzen, ist total einfach und schnell gemacht“, sagt Sandmann. Und: Das EU-Programm bringt nicht nur ein monatliches Stipendium mit sich – 330 bis 450 Euro im kommenden akademischen Jahr –, es entbindet auch von Studiengebühren im Gastland. „Gerade bei Großbritannien ist das schon ein Pfund“, sagt die Beraterin. Ach ja, Großbritannien. Was das Noch-EU-Land angeht, kann sie nur mit den Schultern zucken: „Wir können nur abwarten.“ Die Bewerbungsphase für das Wintersemester laufe längst, Studenten hätten bereits Zusagen für britische Partnerunis erhalten – und müssten nun bangen, ob es die Erasmus-Förderung im September überhaupt noch gibt.
Die Top-3-Länder, in die Düsseldorfer Studenten gehen, sind Spanien, Frankreich und Großbritannien. Dazu gehören eben auch exotische Orte wie La Réunion vor der afrikanischen Küste mitten im Indischen Ozean – aber französisches Staatsgebiet. Und gerade der hohe Norden erfreue sich ebenfalls großer Beliebtheit, hat Sabrina Sandmann beobachtet. Wohl auch, weil dort oft Englisch die Unterrichtssprache ist. Und die Unterrichtssprache der Partneruni müssen die Programmteilnehmer auf gutem Niveau beherrschen.
Rund 300 Studierende der Heine-Universität gehen jährlich mit Erasmus ins Ausland – zu Studienaufenthalten oder Praktika. Im aktuellen Erasmuszyklus seit 2014, der insgesamt sieben Jahre umfasst, wird von der EU-Kommission besonderen Wert darauf gelegt, dass Studierende Lerninhalte aus dem Auslandsaufenthalt anerkennen lassen können und so die Dauer ihres Studiums nicht verlängern müssen.
Ohnehin stellt das Programm sicher, dass die jungen Menschen nicht nur auf EU-Kosten durch Europa tingeln – immerhin bis zu zwölf Monate pro Studienabschnitt (Bachelor, Master, Promotion) kann ein Student durch Erasmus gefördert werden. Sabrina Sandmann schließt mit den Studierenden ein „Learning Agreement“, in dem festgehalten wird, was während des Auslandsaufenthalts geleistet werden soll. 70 bis 80 Prozent der Gesamtfördersumme werden dann schon vor Abreise überwiesen, den Rest gibt es erst nach der Heimkehr und der Vorlage von Nachweisen über den Aufenthalt. „So stellen wir sicher, dass wir alle notwendigen Unterlagen erhalten“, sagt Sandmann lächelnd.
Sie mag diese Gespräche nach der Rückkehr der Studenten. „Wenn man fragt, wie es denn war, leuchtet meistens schon das ganze Gesicht auf“, schildert sie. „Der allergrößte Teil ist begeistert von seinen Erfahrungen.“ Oft seien sie nicht nur mit Menschen des Gastgeberlandes, sondern mit zig Nationalitäten in Berührung gekommen – etwa in internationalen Wohnheimen. Sie kehrten heim mit einer „größeren Wertschätzung von Internationalität“.
Und sie freue sich sehr, „den Studenten dieses Erlebnis zu ermöglichen“. Obwohl sie sicher manchmal selbst das Fernweh packt, wenn sie in ihrem Büro im International Office auf ihrem Bildschirm die Karte mit dem weit verzweigten Netz aus Erasmus-Partneruniversitäten betrachtet. Von Tromsø bis La Réunion.