Erdogan: Türkei ist Vorbild im Kampf gegen Rechts
Der türkische Premier gibt Deutschland Ratschläge. Er fordert, die Verwicklung staatlicher Stellen zu klären.
Berlin/Istanbul. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan (Foto) hat Deutschland aufgerufen, die Neonazi-Mordserie umfassend aufzuklären und eine Verwicklung staatlicher Stellen zu prüfen.
Bei der Bekämpfung von Untergrundorganisationen könne sich Deutschland ein Beispiel an der Türkei nehmen, sagte Erdogan Dienstag vor Abgeordneten seiner Partei in Ankara.
Der Premier spielte damit auf die seit 2007 laufenden Ermittlungen gegen die nationalistische Organisation Ergenekon an. Die Organisation hatte angeblich den gewaltsamen Sturz seiner Regierung geplant.
Darüber hinaus warf Erdogan deutschen Stiftungen und Finanzinstituten vor, Verschwörungen gegen die Türkei, Türken und Ausländer im Allgemeinen zu unterstützen, indem sie Geld zu staatsfeindlichen Organisationen in der Türkei transferierten. Diese Organisationen und ihr Finanzgebaren müssten genau beleuchtet werden.
Der Grünen-Integrationspolitiker Memet Kilic wies Erdogans Aufforderung zurück, sich am türkischen Vorbild zu orientieren.
„Im Gegensatz zur Türkei haben wir in Deutschland keine Sondergerichte und Sonderstaatsanwaltschaften, die mit speziellen Ermächtigungen ausgestattet sind und auf politischen Befehl funktionieren. Und wir haben eine Pressefreiheit“, erklärte er. „Gegen keinen anderen Mitgliedsstaat des Europarates laufen so viele Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wie gegen die Türkei.“
Die meisten Mordopfer der deutschen Neonazis hatten einen türkischen Migrationshintergrund. Die Abgeordneten des Bundestags entschuldigten sich am Dienstag bei den Hinterbliebenen für Fahndungspannen und falsche Verdächtigungen.