EU: Keine Zwangsprivatisierung der Wasserversorgung

Brüssel (dpa) - Das Thema Wasser erhitzt die Gemüter: Die deutschen Kommunen fürchten neue europäische Regeln zur Vergabe öffentlicher Aufträge. Nun hat die EU eingelenkt - Aufatmen in Deutschland.

Die EU-Kommission will keine Zwangsprivatisierung der Wasserversorgung. Darauf wiesen EU-Umweltkommissar Janez Potocnik und sein Binnenmarkt-Kollege Michel Barnier in einer gemeinsamen Erklärung hin. Am Vortag hatte Barnier bereits Entgegenkommen angedeutet - zur Erleichterung seiner Kritiker.

„Die Kommission erkennt an, dass Wasser ein öffentliches Gut ist, das für Bürger lebensnotwendig ist“, schrieben die beiden Kommissare. Ihre Behörde nehme zur Frage der Privatisierung eine „neutrale Position“ ein und wolle diese nicht erzwingen.

Die laufende Neufassung des EU-Gesetzes zu öffentlichen Ausschreibungen hatte Befürchtungen der kommunalen Wasserversorger ausgelöst. Der Gesetzesvorschlag werde unter keinen Umständen zu einer aufgezwungenen Privatisierung der Wasserdienstleistungen führen.

Am Donnerstag hatte Barnier in einer Rede vor EU-Parlamentariern erklärt, er wolle die Ausschreibungspflicht für die kommunale Wasserversorgung stärker lockern als bisher vorgeschlagen. Nach dem neuen Vorschlag müsste die Wasserversorgung immer dann nicht ausgeschrieben werden, wenn die Wassersparte etwa eines Stadtwerks mindestens 80 Prozent ihres Umsatzes in der Heimatkommune macht. Dazu müsste die Wasserversorgung aber von den anderen Sparten zumindest buchhalterisch getrennt sein.

Bisher hatte der EU-Kommissar diese 80-Prozent-Regel auf mehrere Sparten gleichzeitig anwenden wollen. Dadurch hätte auch für die Wasserversorger die Pflicht zur europaweiten Ausschreibung eher gegriffen. Das Europaparlament und die EU-Staaten werden demnächst über die Neufassung des EU-Gesetzes zur öffentlichen Auftragsvergabe miteinander beraten.

Die deutschen Städte und Kommunen reagierten am Freitag mit Applaus auf Barniers Ankündigungen. „Der Druck des Deutschen Städtetages, der deutschen Kommunen insgesamt und der Stadtwerke zeigt offenbar Wirkung“, frohlockte Verbandspräsident Christian Ude. Allerdings gelte es, den Gesetzestext in seinen Details abzuwarten. „Die beste Lösung wäre nach Meinung der deutschen Städte weiterhin, die Wasserwirtschaft aus der Richtlinie herauszunehmen.“ Das sieht einer der schärfsten Kritiker der Pläne, der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), genauso. Barniers Einlenken begrüßte aber auch der VKU vorsichtig. Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) reagierte erfreut, erwartete aber noch konkretere Vorschläge.

Der Deutsche Landkreistag erklärte: „Mit der nunmehr vorliegenden Kompromissformel wird unter bestimmten Voraussetzungen die kommunale Wasserversorgung weiterhin ausschreibungsfrei in den in Deutschland bewährten Strukturen der öffentlichen Hand verbleiben können.“

Die Organisation „Mehr Demokratie“ bejubelte die Ankündigung Barniers als Ergebnis politischen Drucks der Bürger. „Dass die EU-Kommission in Sachen Liberalisierung der Wassermärkte nun zurückrudert, ist auch auf den öffentlichen Widerstand und die laufende Europäische Bürgerinitiative für ein Recht auf Wasser zurückzuführen“, teilte Vorstandssprecher Michael Efler mit. Die EU-Bürgerinitiative Right2Water hat inzwischen mehr als eine Million Unterschriften gegen die Wasserprivatisierung gesammelt.