EU-Kommission: Nicht nur das Rentenalter anheben

Brüssel (dpa) - Die Reformpläne vieler europäischer Länder bei der Rente sind nach Ansicht der EU-Kommission unzureichend. Für das Heraufsetzen des Renteneintrittsalters müssten notwendige Voraussetzungen wie zum Beispiel altersgerechte Arbeitsplätze geschaffen werden.

Das schreibt die Behörde in einem am Donnerstag in Brüssel vorgestellten Papier. Da die Europäer immer älter werden und zugleich weniger Kinder zur Welt bringen, gerieten die Rentensysteme zunehmend unter Druck. EU-Sozialkommissar Laszlo Andor will zudem die Diskussion um das umstrittene Thema Betriebsrenten neu eröffnen.

Bis zum Jahr 2020 werden nach Berechnungen der EU-Kommission in Europa 20 Millionen mehr Menschen über 60 leben als heute. Gleichzeitig sinke vom kommenden Jahr an die Zahl der Personen im Erwerbsalter.

Die EU-Kommission schlägt in ihrem Diskussionspapier vor, den Rentenbeginn stärker an die Lebenserwartung zu koppeln und zum Beispiel die Dauer des Arbeitslebens zu berücksichtigen. Für Menschen in körperlich anstrengenden Jobs könnte das ein Vorteil sein, meint die Kommission, da viele von ihnen jünger zu arbeiten beginnen. Die Möglichkeiten zum Vorruhestand sollten die Länder hingegen beschränken.

„Allein das Pensionsalter anzuheben, reicht nicht“, sagt Sozialkommissar Laszlo Andor allerdings. Das Arbeitsleben lasse sich nur verlängern, wenn die Europäer gesund älter werden. Deshalb sollten die EU-Länder in die Gesundheitsvorsorge investieren und in Arbeitsplätze, an denen sich auch Ältere wohlfühlen. Zudem sollten Bürger mehr Geld in die private Vorsorge stecken.

Deutschland ist mit seinen Reformbemühungen wie der Anhebung des Rentenalters nach Ansicht von Kommissionsmitarbeitern auf einem guten Weg. Die Brüsseler Behörde bewertet regelmäßig die Sozialpolitik der EU-Länder und hatte beim letzten Bericht an den deutschen Rentenreformen nichts zu beanstanden.

Kritik ist aber immer wieder an Regelungen zu hören, die aus Brüsseler Sicht Anreize für Frauen bieten, nicht arbeiten zu gehen - die Kommission hat beispielsweise das Betreuungsgeld im Visier. Nach Plänen der Bundesregierung sollen ab kommendem Jahr 100 Euro und später 150 Euro an Eltern von Kindern im Krippenalter gezahlt werden, wenn der Nachwuchs zu Hause betreut wird.

Heftigen Gegenwind spürt die EU-Kommission insbesondere für die mit dem Papier verbundene Ankündigung, einen Gesetzesvorschlag zu Betriebsrenten möglicherweise vor Jahresende neu aufzulegen. Sie will, dass Arbeitnehmer bereits nach weniger Betriebsjahren bei einem Wechsel des Arbeitgebers ihre vollen Rentenansprüche mitnehmen können. Nach Angaben der Kommission ist dies in Deutschland derzeit nach fünf Jahren möglich. Dies behindere die Mobilität im Job. Die Rentenkassen insbesondere in Deutschland fürchten durch eine Reform höhere Kosten.