FDP zweifelt an ihrem Chef

Drei Wochen vor der Wahl in Niedersachsen steckt die Partei in neuem Umfragetief.

Berlin. Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass FDP-Chef Philipp Rösler beim liberalen Dreikönigstreffen aufmunternde Worte fürs verzagte Parteivolk fand. „Gemeinsam reißen wir das Ruder herum“, rief er — und dürfte gehofft haben, dass sich das Blatt bis zur Stuttgarter FDP-Zusammenkunft am 6. Januar 2013 wendet. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Umfragewerte sind im Keller, die FDP geht hochnervös ins Superwahljahr, und ob der umstrittene Rösler sie dann als Spitzenkandidat führt, ist offen.

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen stellte Entwicklungsminister und FDP-Präsidiumsmitglied Dirk Niebel Röslers Befähigung als Zugpferd infrage. Es sei „nicht zwingend notwendig“, dass der Parteichef die Liberalen als Spitzenmann in die Bundestagswahl führe, sagte er und führte die Ämterteilung in der Südwest-FDP und bei der SPD an. Ende November hatte Niebel die Option einer Doppelspitze angedeutet, später aber wieder zurückgenommen.

Der für den Übergang als Parteichef gehandelte Rainer Brüderle winkte derweil öffentlich ab. Er unterstütze Rösler, „und das werde ich auch nach der Landtagswahl in Niedersachsen am 20. Januar tun“, sagte der Fraktionsvorsitzende, dem Rösler einst das Wirtschaftsministerium entwunden hatte.

Der notorische Rösler-Kritiker Wolfgang Kubicki hält sich mit Schwarzmalerei zurück. Er traue der FDP zu, wieder in den Landtag von Niedersachsen einzuziehen und auch im Bund weiterhin mit der Union zu regieren. Der Schleswig-Holsteiner erwähnte aber auch, dass er „nur an Erfolgen mitwirken“ wolle. Ein Verlierer-Image will er sich nicht anheften lassen.

Bundesweit und in dem nordwestlichen Flächenland liegt die FDP nach neuen Umfragen derzeit bei vier Prozent. Niedersachsens CDU-Ministerpräsident David McAllister rechnet zwar damit, dass die Liberalen am 20. Januar klar über die Hürde komme („Die FDP kann sieben Prozent schaffen“) und es erneut für Schwarz-Gelb reiche. Aber sollte es die FDP nicht schaffen, sind neue Debatten über Rösler und seine Rolle programmiert.

Von der CDU können die Liberalen indes wenig erwarten: Bundeskanzlerin Angela Merkel möchte bei der Bundestagswahl „keine Zweitstimmenkampagne“ für den Koalitionspartner, „sondern eine möglichst starke CDU“, sagte sie — und fügte hinzu, dass sie die christlich-liberale Regierung fortzusetzen gedenke.

Rösler hält die Diskussion über die FDP-Spitzenkandidatur für verfrüht. Die Personaldebatte „schadet der Partei und allen, die diese Debatte führen“, sagte er in einem Interview. „Unser Parteitag entscheidet das im kommenden Mai. Ich habe immer gesagt, dass ich Schritt für Schritt gehe.“