Steueruntersuchung Finanzbeamte: Haben keine Kenntnis von gelöschten „Cum-Ex“-E-Mails
Hamburg · Hinweise aus der Ermittlungsakte der Kölner Staatsanwaltschaft haben neuen Schwung in den „Cum-Ex“-Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft gebracht. Einen in den Akten genannten Verdacht wollen ehemalige leitende Beamte aber nicht bestätigen.
Ehemalige leitende Beamte der Hamburger Finanzverwaltung haben nach eigenen Angaben keine Kenntnisse von einer gezielten Löschung von E-Mails im Zusammenhang mit dem „Cum-Ex“-Skandal. „Davon weiß ich nichts“, sagte die frühere Leiterin der Steuerverwaltung am Dienstag vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) der Hamburgischen Bürgerschaft. Auch der früher für die in den Skandal verwickelte Warburg Bank zuständige Abteilungsleiter verneinte, als er vom Ausschussvorsitzenden Mathias Petersen gefragt wurde, ob er von einer entsprechenden Anweisung im Zusammenhang mit dem PUA wisse.
Laut den Vertretern von CDU und Linken wurde ein solcher Verdacht in jüngst aus Köln übermittelten Ermittlungsakten der dortigen Staatsanwaltschaft deutlich, die im Zusammenhang mit „Cum-Ex“-Geschäften der Warburg Bank unter anderem gegen eine Hamburger Finanzbeamtin ermittelt. Wie ein entsprechender Verdacht der Staatsanwaltschaft zustande gekommen sein könnte, wisse sie nicht, sagte die 69-Jährige frühere Chefin der Steuerverwaltung.
Eine Anweisung zum Löschen von Dokumenten oder E-Mails habe sie nicht gegeben. „Ganz im Gegenteil. Irgendwann habe ich die Kollegen gebeten, dass sie darauf achten sollten, dass wir eine saubere langwierige Aktenführung haben.“ Hinsichtlich der in den „Cum-Ex“-Skandal verwickelten Warburg Bank sei ihr schon 2016 klar gewesen, „dass wir auf einen Untersuchungsausschuss zulaufen“.
Rätsel gebe ihr auch eine Whatsapp-Nachricht der für die Warburg Bank zuständigen Finanzbeamtin an eine Kollegin auf, in der diese den Kölner Ermittlungen zufolge geschrieben hatte, ihr „teuflischer Plan“ sei aufgegangen - nur Stunden nach der Entscheidung für den Verzicht auf eine Steuerrückforderung von 47 Millionen Euro gegen die Bank im November 2016. „Das frage ich mich auch, was das soll“, sagte ihre Ex-Chefin. „Das irgendjemand im Zusammenhang mit diesem Fall große Freude empfunden hat, konnte ich nicht wahrnehmen.“
Auch der ehemals für die Warburg Bank zuständige Abteilungsleiter konnte sich nach eigenen Angaben auf die Whatsapp-Nachricht keinen Reim machen. Er wisse nicht einmal, ob sich die Äußerung auf das Steuerverfahren beziehe. „Es gibt zwei Maßstäbe, nach denen wir besteuern: Das ist Recht und Gesetz. Nichts anderes“, sagte er.
Neben dem Verdacht der E-Mail-Löschungen und der Whatsapp-Nachricht mit dem „teuflischen Plan“ ist in der Kölner Ermittlungsakte nach Angaben von Ausschussmitgliedern auch der Fund von mehr als 200 000 Euro Bargeld in einem Schließfach des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs aufgelistet. Gegen Kahrs ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft ebenso wie gegen die Finanzbeamtin und den früheren Hamburger Innensenator Alfons Pawelczyk (SPD) wegen Begünstigung der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit „Cum-Ex“-Geschäften der Warburg Bank.
Kahrs und Pawelczyk sollen sich für ein Treffen zwischen dem damaligen Bürgermeister und heutigen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und den Bank-Gesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg 2016 und 2017 eingesetzt haben. Dabei soll auch über den Steuerfall gesprochen worden sein, wie aus Olearius' sichergestellten Tagebücher hervorgeht. Gegen den Banker wurde damals schon ermittelt.
Nach den ersten Treffen im Amtszimmer des Bürgermeisters hatte die Finanzverwaltung eine Steuerrückforderung in Höhe von 47 Millionen Euro gegen die Bank verjähren lassen. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst nach Intervention des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert.
Der Ausschuss soll eine mögliche Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der Warburg Bank klären. Am Freitag kommender Woche soll Bundeskanzler Scholz erneut vor dem Ausschuss aussagen. Er hat bisher jede politische Einflussnahme in dem Fall bestritten, kann sich nach eigenen Angaben aber nicht mehr an die Treffen mit Olearius und Warburg erinnern.
Angesichts der Erkenntnisse aus der Ermittlungsakte wollen CDU und Linke den Untersuchungsauftrag des Ausschusses ausweiten. „Es verdichten sich die Hinweise, dass die „Nachlässigkeit“ der Finanzverwaltung unter der Verantwortung des damaligen Finanzsenators Peter Tschentscher nicht nur „Cum-Ex-“, sondern auch „Cum-Cum“-Geschäfte und andere missbräuchliche Aktientransaktionen umfasste“, sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thering. Zudem sei davon auszugehen, dass weitere Hamburger Kreditinstitute beteiligt seien, besonders die frühere HSH Nordbank und heutige Hamburger Commercial Bank.