Freispruch erster Klasse für Oberst Klein
Afghanistan: Nach der Bombardierung von zwei Tanklastern wurden die Ermittlungen gegen den verantwortlichen Offizier eingestellt.
Berlin. Freispruch erster Klasse für Oberst Georg Klein: Nach der Bundesanwaltschaft hat auch die Bundeswehr die Ermittlungen gegen den Offizier wegen des verheerenden Bombardements von Kundus eingestellt. Knapp ein Jahr nach dem Angriff mit mindestens 91 Toten ist damit der Fall für den damaligen Befehlshaber der Bundeswehr in der nordafghanischen Provinz ohne rechtliche Konsequenzen abgeschlossen.
Das Verteidigungsministerium teilte die Einstellung der Vorermittlungen zu einem Disziplinarverfahren gestern in einer kurzen Erklärung mit: "Anhaltspunkte für ein Dienstvergehen haben sich nicht ergeben", hieß es darin. Näher begründet wurde die Entscheidung nicht.
Das Bombardement am 4. September 2009 war von Klein befohlen und von US-Kampffliegern ausgeführt worden. Zu den Abläufen gibt es mehrere Untersuchungsberichte. Die Nato kam in ihrem auf mindestens 142 Tote und Verletzte. Die Bundeswehr geht von 91 Toten und elf Verletzten aus. Im Zuge der Affäre mussten im Herbst vergangenen Jahres Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert ihre Posten räumen.
Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen Klein waren bereits im April eingestellt worden. Der Oberst und sein Flugleitoffizier hätten weder gegen die Vorschriften des Völkerstrafgesetzbuches noch gegen die Bestimmungen des Strafgesetzbuches verstoßen, hieß es zur Begründung.
Anschließend leitete der Inspekteur des Heeres die Prüfung eines Disziplinarverfahrens gegen Klein ein, die mehr als vier Monate dauerte. Der Veröffentlichung des Ergebnisses musste der 1961 geborene Oberst zustimmen. Klein ist derzeit Chef des Stabes der 13. Panzergrenadierdivision in Leipzig. Seit seiner Rückkehr nach Deutschland hat er keine Interviews mehr gegeben.
Ganz sind die Untersuchungen der Luftschläge von Kundus nicht abgeschlossen. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss beschäftigt sich voraussichtlich noch bis Ende des Jahres mit dem Fall. Neben Klein haben bereits Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), Schneiderhan und Wichert vor dem Bundestagsgremium ausgesagt. Guttenberg wird aber eine Gegenüberstellung mit Schneiderhan und Wichert erspart bleiben. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe lehnte gestern einen Antrag der Ausschussminderheit ab. SPD und Linke wollten nach der Sommerpause den Minister mit Schneiderhan und Wichert konfrontieren, weil diese dem Minister teils widersprochen hatten.
Die Entschädigung der Opfer von Kundus ist nach langem Hin und Her inzwischen geregelt. Die Angehörigen von Opfern erhalten jeweils 3800 Euro. Das Verteidigungsministerium erkennt allerdings keinen Rechtsanspruch darauf an. Opferanwälte halten die Summe für zu gering und erwägen eine Klage.