Gabriel und der „falsche Fuffziger“
Der Bundesvorsitzende fährt gegen Rüttgers und Westerwelle schweres Geschütz auf. Kraft feiert ein Traumergebnis.
Dortmund. Mit heftigen Attacken gegen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und FDP-Chef Guido Westerwelle hat SPD-Chef Sigmar Gabriel seine Genossen auf die NRW-Wahl am 9.Mai eingestimmt. Auf dem Landesparteitag in der Dortmunder Westfalenhalle - der sogenannten "Herzkammer der Sozialdemokratie" - nannte Gabriel Rüttgers einen "falschen Fuffziger".
Der Ministerpräsident habe sowohl bei der Videoüberwachung wie nun in der Sponsoring-Affäre behauptet, er habe von nichts etwas gewusst, sagte Gabriel. "Das bedeutet entweder, er hat den Laden nicht im Griff. Oder er hat doch etwas gewusst. So einer darf dieses Land nicht regieren."
Mehr als eine Stunde heizte der SPD-Vorsitzende den Delegierten ein. Ausführlich widmete er sich dem Verhalten von Rüttgers in den vergangenen Wochen. "Er muss sich bei Hannelore Kraft und bei den Bürgern entschuldigen", forderte Gabriel. Rüttgers habe sein Amt genutzt, um Geld für seine Partei zu organisieren. Und er habe über seine Parteizentrale wie über die Staatskanzlei die Bespitzelung Krafts veranlasst. "Berufen Sie sich nie wieder in Ihrem Leben auf Johannes Rau", forderte Gabriel den Ministerpräsidenten auf. Rau stehe für Anstand, Rüttgers nicht.
Gabriel fuhr auch gegen Westerwelle schweres Geschütz auf. Er nannte den Außenminister wegen seiner Aussagen zu Hartz IV und seinen Forderungen nach Steuersenkungen einen "Radikalen im Öffentlichen Dienst", der "verfassungsfeindliche Ziele" verfolge. Der FDP-Chef werde bis zum Wahltag am 9. Mai "Fundamentalisten hinter sich versammeln. Damit ist er ganz nah bei Möllemann", so Gabriel in Anspielung auf die populistischen Wahlkämpfe des ehemaligen FDP-Landeschefs Jürgen Möllemann.
In Dortmund startete die SPD eine Unterschriften-Aktion gegen die von der FDP geforderte sogenannte Kopfpauschale im Gesundheitssystem. Mit diesem Konzept werde "der Sozialstaat den Lobbyisten zum Fraß vorgeworfen", sagte Gabriel.
In Dortmund kürte die Landespartei auch Hannelore Kraft zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahl. Dabei brach die Partei eigene Rekorde: Kraft erhielt 404 von 404 gültigen Stimmen - eine 100-prozentige Zustimmung. Auf den Plätzen folgen mit Norbert Römer und Svenja Schulze gestandene Landtagsabgeordnete. Beim letzten Mal "zog" die Liste bis Platz 40, weil die SPD nur wenige Wahlkreise direkt gewinnen konnte. Das werde sich dieses Mal ändern, versprach Kraft.