Aus für das Speichern von Telefondaten?
Am Dienstag fällt das höchste Gericht sein mit Spannung erwartetes Urteil zum Datenschutz.
Düsseldorf. So viele Klägergab es noch nie beim Bundesverfassungsgericht. Knapp 35.000 Menschenwollen mit ihren Verfassungsklagen ein Gesetz kippen, über dessenSchicksal die Karlsruher Richter am Dienstag entscheiden werden: das Anfang2008 in Kraft getretene Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung.
Das Gesetz verpflichtet Telekommunikationsunternehmen, alleVerbindungsdaten von Telefongesprächen ein halbes Jahr lang zuspeichern. Damit Strafverfolger und Geheimdienste sie gegebenenfallsabrufen können.
Es geht dabei nicht um Inhalte der Gespräche, sondern "nur" um dieFrage, wann wer mit wem telefoniert hat. Bei Handyverbindungen wirdauch der Standort registriert, von dem aus das Gespräch geführt wurde.Ebenso erfasst werden die Verbindungsdaten (nicht: Inhalte) vonE-Mails. Jeweils unabhängig von einem konkreten Verdacht gegen denKommunikationsteilnehmer.
Der Gesetzgeber will auf diese Weise den Terrorismus bekämpfen - inZeiten, in denen die Täter über Internet und mobile Kommunikation ihreTaten planen.
Dem halten die Kläger entgegen: Mit der Speicherung werden auch alleUnschuldigen getroffen. Aus den gespeicherten Daten lassen sichPersönlichkeits- und Bewegungsprofile erstellen. Eine Vertraulichkeitder Kommunikation sei nicht mehr gewährleistet. Andere Kläger fühlensich darüber hinaus in ihrer Berufsfreiheit verletzt: Anwälte, Ärzte,Journalisten, Steuerberater fürchten, dass die Vertraulichkeit derKontakte zu ihren Gesprächspartnern, Mandanten und Patienten nicht mehrgewährleistet ist.
Dass auch die Karlsruher Richter das Gesetz skeptisch sehen, habensie bereits im März 2008 gezeigt. In einer einstweiligen Anordnung kurznach Inkrafttreten des Gesetzes haben sie es bis zu der jetztanstehenden endgültigen Entscheidung erst einmal entschärft. Zwarmussten seither die Daten weiterhin auf Vorrat gespeichert werden. Dochist eine Übermittlung an Polizei, Staatsanwaltschaft oder Geheimdienstenur noch für die Verfolgung besonders schwerer Straftaten erlaubt. Dazugehören zum Beispiel Mord, Raub, Kinderpornografie, aber auchSteuerhinterziehung.
In dem Beschluss vom März 2008 hatten die Richter durchausVerständnis für die Anliegen der Kläger signalisiert, als sieformulierten: "Die umfassende und anlasslose Bevorratung sensiblerDaten über praktisch jedermann für staatliche Zwecke, die sich zumZeitpunkt der Speicherung der Daten nicht im Einzelnen absehen lassen,kann einen erheblichen Einschüchterungseffekt bewirken."
Mit der endgültigen Entscheidung werden die Richter zeigen,welches Gewicht sie diesen selbst geäußerten Bedenken geben - imVerhältnis zum Gesetzeszweck einer möglichst effektivenTerrorismusbekämpfung.