Griechenland-Hilfe: Berliner Ängste vor „unberechenbarer Dynamik“
Berlin. Nichts soll aus dem Ruder laufen - heißtdie Devise in der Bundesregierung. „Es muss alles getan werden, damitkeine unberechenbare Dynamik für den Euro entsteht“, sagt ein hoherRegierungsvertreter.
Am Montag nach dem griechischen Finanz-Notruf wirdin Berlin Krisenmanagement betrieben. Es hat vor allem ein Ziel: Eindrohender finanzieller Zusammenbruch Griechenlands soll nicht auf diegesamte Euro-Zone überspringen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erläuterte imFinanzministerium mit den Fraktionschefs die Lage. Er versuchte sie fürein gemeinsames Gesetzesverfahren zur Bereitstellung vonMilliarden-Sicherheiten zu gewinnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel(CDU) ging am Nachmittag im Kanzleramt vor die Presse. Danach war EU-Währungskommissar Olli Rehn zum Krisengespräch in Berlin.
Deutschland ist EU-weit Hauptzahler und deshalb auch Bremser bei neuenFinanzzusagen. Sie betreffen zwar zunächst nicht den Haushalt und damitdie Taschen der Bürger. Aber wie das Griechenland-Debakel mit einemKreditbedarf von derzeit bis zu 30 Milliarden Euro letztlich zu Endegehen wird, steht noch in den Sternen. Manche sehen bereits ein Fassohne Boden.
Viel schlauer in diesem Punkt waren auch die Fraktionschefs nach ihremGespräch mit Schäuble nicht. Allerdings zeichnete sich zumindest einZeitplan für die anstehenden Entscheidungen zur Aktivierung der „UltimaRatio“ für die Bereitstellung von Rettungshilfen ab.
Bis zum Wochenende laufen demnach die Verhandlungen des InternationalenWährungsfonds (IWF) mit Griechenland über einen auf mehrere Jahreangelegten strengen Sparplan weiter. Danach werden EU- Kommission undEuropäische Zentralbank die Gefahr für die Stabilität des Eurofeststellen. Auf dieser Grundlage könnte dann das Bundeskabinett etwaam 13. Mai das Gesetz für Griechenland- Bürgschaften auf den Wegbringen. Ein Sondergipfel der Eurozonen- Länder - davor oder danach -ist bereits im Gespräch.
Der Bundestag selbst wäre dann in der Woche vom 17. Mai am Zuge. DieZeit drängt. Denn spätestens zum 19. Mai braucht Griechenland frischesGeld, um nicht in die Zahlungsunfähigkeit zu rutschen. „Es geht um Tage...“, schilderte Merkel die Dramatik der Lage. Deutschland bestehe aberauch auf „Solidität, Nachhaltigkeit und Strenge“ bei dem griechischenSanierungsplan.
Im Grundsatz hat Merkel jetzt innenpolitisch das OK der Fraktionen fürihren vorsichtigen Weg zur Rettung Griechenlands. Die SPD stellte dieBedingung, dass die Spekulanten, die aus der Krise ihren Gewinn ziehen,an den Kosten der Rettung beteiligen werden müssen. Das sehen imGrundsatz auch die anderen Fraktionen so.
Über allem schwebt in Berlin - noch unausgesprochen - die Sorge, dassKlagen beim Verfassungsgericht die Griechenland-Hilfe stoppen könnten.Schließlich gibt es in den EU-Verträgen ausdrücklich ein Verbot derSchuldenübernahme (Bail-out).
Vor allem in CSU und FDP gibt es Gegner deutscher Sonderzahlungen.Dagegen sieht sich die Bundesregierung inzwischen auch rechtlich aufder sicheren Seite. Wenn Gefahr für die Gemeinschaftswährung insgesamtdrohe, lägen Rettungsmaßnahmen im nationalen Interesse.