Griechenlands Kliniken stehen vor dem Kollaps
Es mangelt an medizinischem Material, weil der Staat den Lieferanten zwei Milliarden Euro schuldet.
Athen. Es fehlt am Nötigsten: Medikamente, Gips und sogar Klopapier. Aus fast allen Krankenhäusern Griechenlands kommen Hilferufe. Das Gesundheitssystem bricht zusammen. „Die griechischen Politiker streiten sich im Fernsehen darüber, wie das Land regiert werden soll, und wir haben hier keinen Gips“, sagt ein Arzt des Krankenhauses auf der Ägäis-Insel Chios. Hintergrund der Misere: Der krisengeschüttelte Staat schuldet den Lieferanten medizinischen Materials rund zwei Milliarden Euro.
Dramatisch ist die Lage für Herzkranke und Menschen mit Gefäßverengungen. Die größte Klinik in Thessaloniki führt seit Tagen keine kardiologischen Untersuchungen und Operationen mehr durch. Stents (Gefäßstützen) können nicht mehr implantiert werden, weil die Lieferanten ohne Barzahlung kein Material schicken. Das Krankenhaus habe kein Geld mehr, um die Stents zu kaufen. „Hier herrscht Chaos. Mit Menschenleben kann man aber nicht spielen“, klagen Ärzte. Ihre Hilferufe wurden zumindest von der Staatsanwaltschaft erhört. Sie lässt prüfen, inwiefern der Mangel an medizinischem Material Menschenleben gefährdet.
Schlimm ist auch die Situation schwer kranker Menschen, die zu Hause behandelt werden. Apotheken geben Medikamente nur gegen Bargeld aus, denn auch sie sind oft seit Monaten von den staatlichen Krankenkassen nicht mehr bezahlt worden. Aber bei einigen Patienten reicht die Rente nicht für ihre Medikamente. Sie müssen sich bei ihren Verwandten und Nachbarn Geld für ihre Arzneimittel borgen.
Während das öffentliche Gesundheitssystem vor dem Kollaps steht, müssten eigentlich private Krankenhäuser jubeln. An sie können sich die verzweifelten Patienten wenden. Doch viele Griechen können sich die teuren Kliniken nicht leisten. „Die Menschen haben kein Geld mehr. Wir haben nur noch halb so viele Patienten wie vor drei Jahren“, sagt ein Arzt des größten Privat-Krankenhauses nahe Piräus.