Griechisches Sparpaket verabschiedet
Athen (dpa) - Griechenland hat mit der Billigung eines weiteren Sparpakets erneut den Staatsbankrott abgewendet - jetzt muss die angeschlagene Regierung in Athen den Haushalt für das kommende Jahr durch das Parlament bringen.
Die Billigung des Etats wird für Sonntag gegen 23.00 MEZ erwartet. Sie ist die Voraussetzung für weitere Hilfen für Griechenland.
Bereits am Montag tagt die Euro-Gruppe, um zu beraten, wie es mit Griechenland weitergehen soll. Eine Entscheidung schon am Montag gilt aber mittlerweile als unwahrscheinlich.
Das Sparpaket sieht Einsparungen von insgesamt 13,5 Milliarden Euro über die nächsten zwei Jahre vor. Vor allem die Renten und Gehälter von Staatsbediensteten sollen gekürzt werden. Das Parlament verabschiedete das Sparpaket am späten Mittwochabend mit hauchdünner Mehrheit. Nur 153 der 176 Abgeordneten des Regierungslagers - bei insgesamt 300 Sitzen im Parlament - stimmten den Maßnahmen zu.
Danach folgte ein regelrechter Aderlass bei der Regierungskoalition: Sieben Abweichler - sechs Sozialisten und ein Konservativer - wurden aus den Fraktionen ihrer Parteien ausgeschlossen. Am Donnerstag verlor die Regierungskoalition einen weiteren Sitz, nachdem sich noch ein Abgeordneter der Sozialisten in einem Brief an das Parlamentspräsidium für unabhängig erklärte.
„Die Entscheidung des griechischen Parlaments für das von der Regierung vorgeschlagene Sparpaket ist ein wichtiges Bekenntnis zur notwendigen Konsolidierungs- und Reformpolitik“, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) laut einer vom Auswärtigen Amt verbreiteten Erklärung. Dieses Signal werde in der ganzen Eurozone gehört. Nach Ansicht der EU-Kommission muss Griechenland aber noch mehr tun, um weitere Milliardenhilfen aus dem Ausland zu erhalten. Die Zustimmung zum Sparpaket sei nur „ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, sagte ein Sprecher des EU-Währungskommissars Olli Rehn am Donnerstag in Brüssel.
Nun stehe am Sonntag die Abstimmung über den Haushalt 2013 an. „Diese wird entscheidend sein, um den Weg für die Eurogruppe am Montag [..] frei zu machen“, sagte der Sprecher Rehns. Die Euro-Finanzminister treffen sich in Brüssel, um über die Lage in Griechenland und die nächste Kredittranche von 31,5 Milliarden Euro für Athen zu beraten.
Der Etatplan 2013 sieht Kürzungen der Renten und Gehälter von Staatsbediensteten vor. Nach Angaben der Gewerkschaften muss jeder Rentner im kommenden Jahr im Durchschnitt mit etwa 2000 Euro weniger auskommen. Zugleich werden der Kündigungsschutz gelockert und Abfindungen gekürzt.
Die Arbeitslosigkeit stieg auf Rekordhöhe; mittlerweile ist jeder Vierte ohne Job. Der neue Staatsetat basiert auf der Einschätzung, dass die griechische Wirtschaft kommendes Jahr um 4,5 Prozent schrumpfen wird nach 6,5 Prozent in diesem Jahr. Die Arbeitslosenquote belaufe sich im Jahresmittel auf 22,8 Prozent und die Inflation auf 1,1 Prozent.
Die Regierung hofft, dass bei der Abstimmung über den Haushalt die 16 Abgeordneten des kleineren Koalitionspartners der Demokratischen Linken (Dimar) zustimmen. Die meisten Abgeordneten dieser Partei hatten sich beim Votum über das Sparpaket enthalten. Die Partei sperrt sich gegen Einschnitte im Arbeitsrecht wie die Lockerung der Kündigungsschutzes. Der Chef der Demokratischen Linken, Fotis Kouvelis, erklärte bereits, seine Partei werde den Haushalt billigen.
Die Abstimmung im Parlament zum Sparprogramm war von massiven Protesten von rund 70 000 Menschen begleitet. Rund 400 zum Teil vermummte Randalierer lieferten sich mit der Polizei heftige Zusammenstöße. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein, die Vermummten bewarfen die Beamten mit Molotow-Cocktails.
Auch nach der Verabschiedung des Sparpakets durch das Parlament wurden in Griechenland die Streiks in einigen wichtigen Bereichen am Donnerstag fortgesetzt. Die U-Bahnen, die Stadtbahn und die Taxen standen für weitere 24 Stunden still. Im Zentrum Athens herrschte wie auch in den vergangenen zwei Tagen Verkehrschaos. Auch Rechtsanwälte streikten.
Die griechische Presse reagierte unterschiedlich auf die knappe Abstimmung im Parlament. „153 Ja - für die letzte Chance“, titelte „Ta Nea“, die Zeitung der politischen Mitte. Griechenland könne jetzt hoffen, in letzter Minute vom Bankrott gerettet zu werden, hieß es. Die konservative Zeitung „Kathimerini“ meinte, die 153 Ja-Stimmen seien ein „Stimmen-Atemzug für das Land“.
Wie das Statistische Amt in Athen am Donnerstag mitteilte, waren im August 1,26 Millionen Menschen der rund elf Millionen Einwohner arbeitslos. Dramatisch ist die Lage vor allem für junge Menschen bis 24 Jahren. Die Arbeitslosenquote belaufe sich in dieser Gruppe auf 58 Prozent. Arbeitslose erhalten in Griechenland nur ein Jahr lang Unterstützung. Wegen der dramatischen Lage haben die Kirche Griechenlands und Hilfsorganisationen Suppenküchen eingerichtet. Nach Angaben des Erzbistums Athen erhielten dort bereits 250 000 Menschen Unterstützung.
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