Haushaltsprobleme lassen Obama keine Atempause
Washington (dpa) - Die brisante Finanzlage der USA lässt dem wiedergewählten Präsidenten Barack Obama keine Atempause. Nach einem erbitterten Wahlkampf muss er mit der Opposition im Kongress schleunigst um einen tragfähigen Staatshaushalt ringen.
Zwei Tage nach seiner Siegesfeier kehrte Obama dafür am Donnerstag an seinen Schreibtisch im Weißen Haus zurück. Die Republikaner brachten sich bereits für eine harte Auseinandersetzung in Stellung. Zugleich kündigte Obama die erste Auslandsreise seiner zweiten Amtszeit an: sie geht nach Asien.
Obama muss binnen Wochen mit der wiedergewählten republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus einen Sparkompromiss auf den Weg bringen. Sonst droht die sogenannte Fiskalklippe („fiscal cliff“) - also automatische Budgetkürzungen und Steuererhöhungen von mehr als 600 Milliarden Dollar (470 Milliarden Euro). Die könnten das Land in eine Rezession zurückwerfen. Zudem sind schon bald eine Erhöhung der Schuldengrenze und die Verabschiedung eines Übergangshaushalts fällig, damit eine Zahlungsunfähigkeit der USA verhindert wird.
Noch aus Chicago, am Rande der Wahlpartys, hatte Obama den republikanischen Parlamentspräsidenten John Boehner angerufen und um dessen Unterstützung geworben. Boehner reagierte mit Aussagen, die Kommentatoren als Geste der Versöhnung deuteten: „Wir sind bereit, uns führen zu lassen - nicht als Demokraten oder Republikaner, sondern als Amerikaner.“
Der Konservative ließ erstmals durchblicken, dass ein Kompromiss neben Einsparungen auch mehr Steuereinnahmen vorsehen könnte. Die von Obama geforderte Erhöhung der Steuersätze für Reiche lehnte die Republikanische Partei bisher kategorisch ab.
Seit die Republikaner vor zwei Jahren die Mehrheit im Repräsentantenhaus übernommen haben, blockierten sie immer wieder Gesetzesvorhaben der Demokraten zu Sparmaßnahmen und Steuerreformen. Prinzipiell könnte es so weitergehen, denn die Mehrheitsverhältnisse im Kongress sind nach der Wahl unverändert: Während die Demokraten im Senat das Sagen haben, kontrollieren die oppositionellen Republikaner weiter das Abgeordnetenhaus.
Die „New York Times“ erwartet daher, dass Obama - den drohenden Ausgabenschnitt im Nacken - in aller Schnelle ein neues Wirtschaftsteam aus dem Hut zaubern wird, das unvorbelastet die Gespräche mit der Opposition aufnehmen kann. Der konservative Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, forderte den Präsidenten wenig versöhnlich auf, politisch linke Positionen aufzugeben und die Republikaner „auf halbem Wege zu treffen“.
Doch auch in der Außenpolitik erwarten den Präsidenten massive Probleme, allen voran das iranische Atomprogramm. Ein israelischer Militärschlag gegen Atomanlagen im Iran schwebt weiter in der Luft. Auch der Bürgerkrieg in Syrien und der stagnierende Friedensprozess in Nahost stehen auf der US-Agenda.
Obamas erste Auslandsreise (17.-20. November) geht nach Birma, Thailand und Kambodscha, teilte das Weiße Haus mit. In Birma spricht er mit der politischen Führung sowie mit Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi, die jahrzehntelang unter Hausarrest lebte. In Kambodscha wolle er mit politischen Führern des Südostasien-Gipfels (ASEAN) zusammentreffen, hieß es.
Zudem stehen Personalwechsel im Weißen Haus an: Einige von Obamas wichtigsten Leuten haben bereits vor der Wahl angekündigt, dass sie dem Präsidenten nicht mehr im engsten Machtzirkel zur Seite stehen werden. Außenministerin Hillary Clinton (65) und Finanzminister Timothy Geithner (51) haben ihren Rückzug angekündigt. Auch Verteidigungsminister Leon Panetta (74) gilt als amtsmüde und wird als Kandidat für den Ruhestand gehandelt.
Obama telefonierte mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und bedankte sich für ihre Glückwünsche zur Wiederwahl. Er sprach auch mit dem französischen Präsidenten François Hollande, dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu und dem ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi, wie das Weiße Haus mitteilte.
Obama hatte sich nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen in den Umfragen bei der Wahl am Dienstag überraschend klar gegen seinen republikanischen Herausforderer Mitt Romney durchgesetzt. Offen blieb allerdings bis zuletzt das Ergebnis aus Florida. In dem Staat ist es so knapp, dass Statistiker nicht vor Ende der Auszählung einem Kandidaten den Zuschlag geben wollten. Der Ausgang kann Obamas Wahlsieg aber nicht mehr gefährden. Auch in anderen Staaten wurde noch gezählt, aber dort ist das Ergebnis bereits mathematisch sicher.
Es dauert nach US-Wahlen traditionell mehrere Wochen, bis die einzelnen Staaten ein amtliches Ergebnis veröffentlichen. Bis zum 11. Dezember haben sie dafür Zeit. Am 17. Dezember treffen sich dann die Wahlmänner in den Staaten zur eigentlichen Wahl des Präsidenten.
Eingesammelt, versiegelt und beglaubigt werden ihre Stimmen an den Senatspräsidenten in Washington geschickt. Am 6. Januar werden die Stimmen in einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus offiziell ausgezählt. Am 21. Januar wird Obama am „Inauguration Day“ öffentlich in seine zweite und letzte Amtszeit eingeführt.