Hartz trotz Lohn: 1,3 Millionen stocken auf

Zahl der Bedürftigen seit 2005 deutlich gestiegen.

Nürnberg. In Deutschland waren im vergangenen Jahr im Schnitt 1,325 Millionen Berufstätige zusätzlich zu ihrem Lohn auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV) angewiesen. Damit flossen aus dem Bundeshaushalt 10,9 Milliarden Euro in diese Form der Lohnsubvention, sagte eine Sprecherin der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag. Vor allem in Minijobs arbeiteten deutlich mehr ALG-II-Empfänger.

Die rasanten Zuwächse der Vorjahre verzeichnen die Behörden 2009 aber nicht mehr. Zum Vergleich: 2008 waren 1,321 Millionen Aufstocker gezählt worden. Die Nürnberger Bundesbehörde macht für die Stabilisierung der Lage vor allem gesetzliche Neuregelungen aus dem Jahr 2007 verantwortlich.

Seit Juni 2005 stieg die Quote der sozialversicherungspflichtigen Berufstätigen, die zusätzlich ALG II erhielten, allerdings von 1,5 Prozent auf 2,6 Prozent im vergangenen September. Wie die BA-Sprecherin sagte, lassen sich aus der Statistik nicht die Ursachen für den Bedarf an staatlicher Hilfe ablesen. So sei denkbar, dass die Antragssteller nur Teilzeit arbeiten können oder dass es sich um Großfamilien handle, bei denen das Gehalt nicht ausreicht.

Einen starken Anstieg gab es laut BA bei den vom Arbeitslosengeld II lebenden Bedürftigen, die zusätzlich einen Minijob wahrnehmen. Hier stieg die Zahl der Minijobber von 606.000 im Jahresdurchschnitt 2007 auf 694.000 im vergangenen Jahr. Bezieher der Grundsicherung dürfen bis zu 160 Euro ohne Abzug behalten, darüber liegende Verdienste werden mit dem Hartz-IV-Satz verrechnet.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hund sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Zunahme bei den Minijobbern gebe es durch "Fehlanreize bei Hartz IV". Die Freibetragsregelung mache es "attraktiv, sich mit geringem zeitlichen Arbeitseinsatz ein beträchtliches Taschengeld zur Grundsicherung hinzuzuverdienen". Demgegenüber erscheine die Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung nicht lohnend.

Dagegen sagte der Arbeitsmarktexperte des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Wilhelm Adamy, dem Blatt, "dass Arbeitslose jeden Strohhalm ergreifen müssten, der sich für sie bietet". Häufig stünden gar keine anderen Jobs zur Verfügung. Außerdem seien in Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit viele Minijobber auf Hartz IV angewiesen - anders als in wirtschaftlich starken Regionen.