Hausaufgaben vom Schlichter

Heiner Geißler fordert von der Bahn Nachbesserungen an dem Großprojekt.

Stuttgart. Der Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler fordert von der Bahn massive Nachbesserungen für das Milliardenvorhaben. Dennoch kann die Bahn zufrieden sein mit dem Schlichterspruch.

In einer Simulation muss die Deutsche Bahn beweisen, dass ihr Baukonzept wesentlich leistungsfähiger ist als der bestehende Kopfbahnhof. Wenn im neuen Tiefbahnhof zu Spitzenzeiten und mit guter Betriebsqualität ein Drittel mehr Züge abgewickelt werden können als 37pro Stunde, dann kann laut Schlichterspruch auf die teuren Nachbesserungen verzichtet werden.

Wenn die Bahn den "Stresstest" nicht besteht, muss sie ein neuntes und zehntes unterirdisches Gleis bauen. Nach früheren Kalkulationen würde dies mit 90 Millionen Euro zu Buche schlagen. 250 Millionen Euro könnte eine verbesserte Führung des Fernverkehrs aus nördlicher Richtung kosten. Ob ein langwieriges Genehmigungsverfahren für diese Maßnahmen nötig wäre, ist unklar.

Bahnvorstand Volker Kefer hat klargestellt: "Wir werden nicht morgen früh sofort wieder anfangen zu bauen." Zuerst müsse der Schlichterspruch analysiert werden. Mit dem Ende der Schlichtung ist die Friedenspflicht - und damit der Baustopp - zwar faktisch erloschen. Wenn jedoch sofort Bäume für das Technikgebäude des Bahnhofes gefällt würden, dürften die Gegner dies als Provokation empfinden.

Ja. Im Lager der "Parkschützer", die an der Schlichtung nicht teilgenommen haben, ist von Ermattung keine Spur. Sie kündigten für nächsten Samstag eine neue Demonstration an; das Aktionsbündnis gegen Stuttgart21 und die Grünen wollen eine Woche später auf die Straße gehen.

Bei künftigen Großprojekten wird die Politik anders als bisher mit den Betroffenen umgehen. Bahnvorstand Kefer sagte zu, dass zumindest die Bahn bei neuen Schienenverkehrskonzepten oder großen Vorhaben die Bevölkerung einbeziehen werde - und das vor der Planung.

Eindeutige Gewinner und Verlierer gibt es nicht. Die Bahn ist wichtige Nachweise für die Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofes schuldig geblieben. Der Schlichterspruch beschert der CDU/ FDP-Regierung aber wenige Monate vor der Landtagswahl Rückenwind. Die Gegner haben ihr Ziel verfehlt, Stuttgart 21 zu verhindern.

Aber sie haben mit ihren begrenzten Ressourcen auf Augenhöhe mit der Bahn diskutiert. Größter Erfolg: Auch die Stuttgart-21-Verfechter mussten einräumen, dass ein modernisierter Kopfbahnhof technisch machbar wäre und kein "Phantom" ist.