Höhere Haftung für Euro-Rettung im Gespräch
Berlin (dpa) - Die Haftung Deutschlands für Notkredite im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise könnte vorübergehend auf deutlich mehr als die bisher veranschlagten 211 Milliarden Euro steigen.
Entsprechende Überlegungen in der Bundesregierung für einen zumindest zeitweise höheren Garantierahmen bestätigten am Mittwoch in Berlin Vertreter des Regierungslagers. Die Bundesregierung hält sich weiter bedeckt und verweist auf die Beratungen der Euro-Finanzminister Ende März in Kopenhagen.
Grund für eine mögliche Ausweitung des Bürgschaftsrahmens sind Pläne, den befristeten Rettungsschirm EFSF und dessen dauerhaften Nachfolger ESM ab Juli eine Zeit lang parallel laufen zu lassen. Damit würde der Schutzwall um die Euro-Zone erhöht, wie es andere Euro-Länder, die EU-Kommission sowie der Internationale Währungsfonds (IWF) und die USA seit Monaten von Deutschland fordern.
Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwoch) könnte der maximale Bürgschaftsrahmen zeitweise von derzeit 211 auf 280 Milliarden Euro steigen. Zwar wolle Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Aufstockung des ESM und damit einen dauerhaft größeren Bürgschaftsrahmen für Deutschland um jeden Preis verhindern.
Im Gegenzug werde Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Kopenhagen aber wohl zustimmen müssen, dass ESM und EFSF eine Weile parallel existierten. Offen ist dem Bericht zufolge nur noch, ob beide Fonds mit jeweils vollem Volumen nebeneinander bestehen sollen und ob die Doppelexistenz auf ein Jahr befristet wird.
Schäuble verwies bei der Vorlage seiner Etatpläne darauf, dass der ESM bei seinem um ein Jahr vorgezogenen Start im Juli nicht sofort über die maximale Ausleihkapazität von 500 Milliarden Euro verfügen werde. Der ESM wird nur schrittweise mit Barkapital ausgestattet - voraussichtlich bis 2015. Der Rettungsschirm EFSF läuft Ende Juni 2013 aus. Er kann 440 Milliarden Euro Notkredite vergeben. Davon sind rund 190 Milliarden für Griechenland, Irland und Portugal verplant.
„Deswegen müssen wir Lösungen finden, dass wir die notwendige Abschirmwirkung während der ganzen Zeit herstellen“, sagte Schäuble. Es müsse für die Übergangsphase und die bisherigen EFSF-Hilfen, mit denen auch das zweite Griechenland-Paket finanziert wird, ein Verfahren gefunden werden. Ende nächster Woche werde es Lösungen geben. Vor Entscheidungen sei die Zustimmung der Koalition und des Bundestages nötig. Nächste Woche gebe es Gespräche mit Union und FDP. Schäuble: „Aber wir werden nicht über ungelegte Eier reden.“
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: „Ende März wird im europäischem Rahmen überprüft, wie die Ausstattung der Rettungsschirme sich gestaltet.“ Er bekräftigte: Die ESM-Obergrenze von 500 Milliarden Euro müsse aus Sicht der Bundesregierung beibehalten werden. „Wir sehen keine Notwendigkeit, diese zu ändern.“
Die CSU hat für kommenden Montag in München eine Sitzung des erweiterten Vorstandes gemeinsam mit Vertretern aus Bundestag und Europaparlament einberufen. CSU-Chef Horst Seehofer hatte Gremiensitzungen bis hin zu einem Sonderparteitag angekündigt, falls die Obergrenze für die deutschen Garantien zur Absicherung der Euro-Hilfen 211 Milliarden Euro überschreiten könnten.
Als wahrscheinlichste Variante gilt laut „Süddeutscher“, dass die bereits verplanten 190 Milliarden Euro des EFSF bestehen bleiben, bis alle Programme 2015 ausgelaufen sind. Von den bisherigen deutschen Bürgschaftsverpflichtungen in Höhe von 211 Milliarden Euro blieben laut dem Modell gut 90 Milliarden Euro übrig. Hinzu kämen 168 Milliarden Euro an neuen ESM-Garantien sowie der deutsche Anteil am ESM-Kapital von 22 Milliarden Euro. In der Summe ergäbe sich für ein Gesamtbürgschaftsrahmen von etwa 280 Milliarden Euro.