300 000er-Marke bei SPD-Mitgliedervotum geknackt
Berlin (dpa) - Mit mehr als 300 000 SPD-Mitgliedern gibt es kurz vor dem Abstimmungsende eine überraschend hohe Beteiligung am Votum über eine große Koalition. Mit rund 63 Prozent haben bereits fast zwei Drittel der knapp 475 000 stimmberechtigten Genossen ihr Votum abgegebent, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus SPD-Kreisen.
Bis Donnerstag um Mitternacht müssen die Briefe mit einem Ja oder Nein zum Koalitionsvertrag mit der Union eingetroffen sein. Am Samstag werden die Stimmen ausgezählt und das Ergebnis verkündet.
Es ist verbindlich für die Parteiführung. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte am Mittwoch die starke Beteiligung der SPD-Mitglieder an der Abstimmung über den schwarz-roten Koalitionsvertrag als „sehr erfreulich“. SPD-Vize Manuela Schwesig betonte im Kurznachrichtendienst Twitter, der Mitgliederentscheid sei jetzt schon erfolgreich.
Am Ende könnte die Beteiligung die 70-Prozent-Marke erreichen. Das Quorum von rund 95 000 teilnehmenden Mitgliedern wird jetzt schon klar erfüllt. Die Kosten sind aber höher als ursprünglich angenommen. Statt der zunächst angegebenen Kosten von einer Million Euro beläuft sich die Summe für den Versand des Koalitionsvertrags, Briefwahl, Auszählung, Werbung und Regionalkonferenzen auf über 1,6 Millionen.
Für das 150-jährige Jubiläum der deutschen Sozialdemokratie wurden bereits rund 3,8 Millionen Euro ausgegeben, so dass zusammen mit den 23 Millionen Euro für den Wahlkampf in diesem Jahr fast 29 Millionen Euro für diese drei Komplexe ausgegeben wurden. „Ein Minus müssen wir nicht verzeichnen“, betonte aber Schatzmeisterin Barbara Hendricks. „Wir haben durch strikte Kostenkontrolle erreicht, in unserem geplanten Budget zu bleiben“, sagte Hendricks der dpa.
Geht der Mitgliederentscheid positiv aus, soll das Kabinett der großen Koalition aus Union und SPD bereits am Dienstag vereidigt werden. Bislang stand für diesen Tag nur die Wiederwahl Merkels fest. Die Spitzen von Union und SPD wollen nach Angaben von CSU-Chef Horst Seehofer an diesem Donnerstag in Berlin die Besetzung der künftigen Bundesregierung weitgehend klären. Bei dem Treffen soll auch besprochen werden, wann und wie die Mitglieder der künftigen Bundesregierung und die Ressortzuschnitte bekannt gegeben werden.
Erwartet wird eine Bekanntgabe spätestens am Sonntag. Geplant sind weiter 14 Ministerien, von denen die CDU fünf plus Kanzleramtschef, die CSU drei und die SPD sechs bekommen könnte. In der SPD werden vor allem SPD-Chef Sigmar Gabriel (Wirtschaft/Energie), Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier (Außen), Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann (Innen oder Justiz), Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig (Familie), Generalsekretärin Andrea Nahles (Arbeit/Soziales) und Hendricks (Entwicklung) als mögliche Ministeranwärter gehandelt.
Sollte das Votum hingegen scheitern, stünden der SPD äußerst turbulente Tage bevor - Merkel hätte dann als Option nur einen Neuanlauf für Schwarz-Grün oder aber Neuwahlen.
Auf 32 Regionalkonferenzen wirbt die SPD seit Ende November um die Zustimmung der Basis. Gabriel gab sich zuversichtlich, dass eine Mehrheit erreicht werden kann. Am Freitagabend werden die zunächst in Leipzig in einem DHL-Zentrum gesammelten Abstimmungsbriefe zu einem alten Postbahnhof in Berlin-Kreuzberg gebracht, wo noch in der Nacht zu Samstag mit der Öffnung begonnen werden soll. Bis zu 40 000 Briefe können pro Stunde geöffnet werden. Bis spätestens 18 Uhr soll Gabriel das Ergebnis verkünden.
In einem Mitgliederbrief betonte er, „in Sachen Mitgliederbeteiligung haben wir neue Maßstäbe gesetzt. So viel innerparteiliche Demokratie gab es noch nie“, meinte der SPD-Chef.