Umstrittener Paragraf 219a Abtreibungs-Werbeverbot: SPD-Drohung sorgt für Ärger

Berlin (dpa) - Die Union hat verärgert auf die Drohung des Koalitionspartners SPD reagiert, sich im Streit über das sogenannte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche mit anderen Fraktionen zusammenzutun.

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Die Spitzen der Unions-Fraktion wiesen an diesem Dienstag in Berlin die Fristsetzung des SPD-Vorstands als unzulässig zurück und warnten die Sozialdemokraten davor, mit anderen Parteien im Parlament gemeinsame Sache zu machen. Linke, Grüne und FDP appellierten an die SPD, sich bei dem Thema von der Union zu emanzipieren.

Zwischen Union und SPD gibt es seit längerem Streit über den Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch. Dieser verbietet es, für Abtreibungen zu werben. Gegner der Regelung argumentieren, dass auch sachliche Informationen für ungewollt schwangere Frauen durch den Paragrafen verhindert würden. Die SPD will diesen daher reformieren oder abschaffen. In der Union gibt es dagegen aber große Vorbehalte.

Die SPD hatte zu dem Thema bereits einen Antrag vorgelegt. Um die große Koalition nicht zu gefährden, ließ sie darüber aber bisher nicht abstimmen. Stattdessen hat die Bundesregierung angekündigt, nach einer Lösung zu suchen.

Direkt nach dem SPD-Parteitag in Wiesbaden hatte der SPD-Parteivorstand dann überraschend per Beschluss damit gedroht, bei dem Thema mit „reformwilligen“ Fraktionen oder Abgeordneten gemeinsame Sache zu machen, wenn bis zum Herbst kein Kompromiss stehe. Eine Änderung der umstrittenen Regelung für Ärzte solle dann etwa über eine Bundestagsabstimmung ohne Fraktionszwang erreicht werden.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) reagierte verärgert. „In einer Koalition muss das gelten, was man miteinander verabredet hat“, sagte er. Es könne in einer Koalition nicht sein, „dass einer dem anderen Fristen setzt“. Deswegen weise er den SPD-Beschluss zurück. „So kann man nicht miteinander umgehen.“ CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnte die SPD davor, in der Frage mit anderen Fraktionen zu kooperieren. „Man sollte sich nicht zu oft nach anderen Partnern umschauen.“

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles zeigte sich unbeirrt. Auf die Frage, ob die SPD zu dem Beschluss stehe, sagte die frisch gewählte Parteivorsitzende: „Selbstverständlich halte ich daran fest.“ Auch Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) beharrte auf einer Änderung des Paragrafen. „Es geht nicht um Werbung, es geht um Information“, sagte sie der „Rheinischen Post“.

Hintergrund des Streits ist die Verurteilung einer Ärztin aus Gießen, die auf ihrer Internetseite darauf hingewiesen hatte, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornimmt.

Auch Linke, Grüne und FDP setzen sich seit längerem für eine Abschaffung oder Änderung des Paragrafen ein. Aus ihren Reihen kam nun der Appell an die SPD, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Nahles habe bei dieser Frage eine „wunderbare Chance“, zu zeigen, dass die SPD eigenständig agiere, die Initiative ergreife und die Mehrheit im Bundestag in der Frage nutzen, sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch. Bei diesem Thema könnten nicht Koalitionsverträge gelten. „Das ist eine Gewissensentscheidung.“