Aderlass bei der AfD: Zweites Vorstandsmitglied scheidet aus
Berlin (dpa) - Bei der Alternative für Deutschland (AfD) jagt ein Gewitter das nächste. Nach Hans-Olaf Henkel trat auch Patricia Casale aus dem Bundesvorstand der rechtskonservativen Partei zurück.
Außerdem beschloss die siebenköpfige AfD-Gruppe im Europäischen Parlament mehrheitlich den Ausschluss des Abgeordneten Marcus Pretzell, der auch Landesvorsitzender der AfD in Nordrhein-Westfalen ist.
Casale habe mit sofortiger Wirkung ihr Amt als stellvertretende Sprecherin des Bundesvorstands niedergelegt, teilte Sprecher Christian Lüth mit. Zur Begründung erklärte sie, die Entwicklung der Partei und der Umgang innerhalb des Vorstandes ließen ihr keine andere Wahl. Sie hoffe, dass die Partei in ruhigeres Fahrwasser komme und sich dann wieder verstärkt „den wirklich wichtigen Themen“ zuwenden könne. Casale war in der Öffentlichkeit als Mitglied des Bundesvorstands kaum in Erscheinung getreten.
Der frühere BDI-Präsident Henkel hatte dem Vorstand der rechtskonservativen Partei am vergangenen Donnerstag den Rücken gekehrt. Der Vertreter des liberalen Flügels der Partei hatte sich zuvor eine längere Auseinandersetzung mit Pretzell geliefert, der den Nationalkonservativen zugerechnet wird.
Pretzell sagte nach seinem Ausschluss aus der Gruppe der AfD-Europaabgeordneten: „Sie haben entschieden, dass ich nicht mehr an den Treffen der Gruppe teilnehmen soll.“ Das habe „null Auswirkungen“ auf seine Arbeit. Er dürfe nur nicht mehr an der allwöchentlichen Sitzung der AfD-Parlamentariergruppe teilnehmen. Er genieße auch nach wie vor großen Rückhalt in seinem Landesverband Nordrhein-Westfalen, betonte Pretzell. Dies werde sich sicher auch auf dem Landesparteitag am 9. Mai zeigen.
Der Bundesvorstand hatte Pretzell zuvor bereits wegen seines Verhaltens in der Affäre um die vorübergehende Sperrung der AfD-Parteikonten in NRW abgemahnt. Diese Abmahnung hat allerdings eher symbolischen Charakter und zieht kein Parteiausschlussverfahren nach sich.
Pretzell war zuletzt nicht nur mit dem Europaparlamentarier Henkel, sondern auch mit dem Parteivorsitzenden Bernd Lucke aneinandergeraten. Pretzell hatte Henkel unter anderem vorgeworfen, er sei mehr im Urlaub als in seinem Abgeordnetenbüro. Henkel hatte sich seinerseits über Pretzells Finanzgebaren und mutmaßliche „Durchstechereien an die Presse“ geärgert.
Die AfD war 2013 von Gegnern der Euro-Rettungspolitik gegründet worden. Sie scheiterte bei der letzten Bundestagswahl knapp an der Fünf-Prozent-Hürde und ist heute in vier Länderparlamenten vertreten.