Kritik in den eigenen Reihen Ärger über CSU wegen Mütterrente
Berlin (dpa) - Im Ringen um eine Rentenreform drängen CDU und SPD Kanzlerin Angela Merkel, die CSU-Forderung nach mehr Mütterrente abzuwehren.
Die Mehrkosten von sechs Milliarden Euro pro Jahr fehlten sonst für wichtigere Projekte, mahnten Christ- sowie Sozialdemokraten am Freitag vor einem vertraulichen Treffen der CDU-Chefin mit dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer.
Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) pochte bei einem IG Metall-Kongress in Berlin auf eine dauerhafte Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung und ein höheres Rentenniveau. Sie warnte vor überzogenen Erwartungen an die Reform. Die Linke will die Rente zum Wahlkampfthema machen.
Nahles sagte: „Ich kann nicht versprechen, dass die Bäume in den Himmel wachsen.“ Auch mit einer Rentenniveau-Anhebung werde etwa das Problem drohender Altersarmut für Problemgruppen nicht befriedigend gelöst. Nötig seien vor allem Schritte für die 1,8 Millionen Erwerbsgeminderten. Mitte November will sie ein Gesamtkonzept vorlegen. Nahles will eine Mindestgrenze beim Rentenniveau für 2045. Die Ostrenten sollen auf Westniveau angehoben werden - die Aufwertung der im Schnitt geringeren Ostlöhne bei der Rente soll dafür wegfallen. Per Gesetz soll die betriebliche Altersvorsorge neuen Schub bekommen. Kleine Renten sollen womöglich aufgewertet werden.
Der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, sagte der Deutschen Presse- Agentur, die CDU dürfe keinem Kompromiss mit Lebensleistungsrente, Ost-West-Angleichung und Mütterrente zustimmen, wenn der Rentenbeitrag dann von jetzt 18,4 auf 25 Prozent des Bruttogehalts stiege. „Wenn man den heutigen Rentnern etwas verspricht, das die jungen Menschen bezahlen müssen, und diese dann später selber in die Röhre gucken, hat das mit Gerechtigkeit nicht mehr viel zu tun.“
Die CSU-Forderung nach Gleichstellung aller Mütter sei zwar berechtigt. „Wir können aber nicht immer neue Dinge versprechen, ohne etwas auf der Ausgabenseite zu tun.“ Kein Rentner sei gegen mehr Geld. Aber: „Wir können uns nicht davon leiten lassen, was nur populär im Wahlkampf ist.“ Die CSU pocht auf Gleichbehandlung der älteren mit den jüngeren Müttern, die pro Kind drei Entgeltpunkte für die Rente bekommen - die älteren bekommen derzeit zwei.
CDU-Vize Armin Laschet sagte der „Welt“, eine höhere Mütterrente passe nicht zu einem dauerhaft bezahlbaren Rentensystem. Die SPD-Sozialexpertin Katja Mast sagte der dpa, sie hoffe, dass Merkel dem CSU-Chef die neuen Milliardenwünsche ausrede. Sonst müsse Schäuble die Mütterrente aus Steuermitteln finanzieren.
Der Sozialverband VdK Deutschland findet die CSU-Linie dagegen teils richtig. Außerdem müsse es einen Freibetrag von 100 Euro für Grundsicherungsbezieherinnen geben, damit eine höhere Mütterrente nicht mit der Grundsicherung verrechnet werde. Das wäre „sehr bitter“, sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher der dpa.
Der CDU-Rentenexperte Peter Weiß sagte der „Berliner Zeitung“, die betriebliche Altersvorsorge müsse obligatorisch werden. Auch die „Pflicht zur Altersvorsorge für Selbstständige muss her“.
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte, die Rente sei von elementarer und zukunftsweisender Bedeutung und werde deshalb auch ein Wahlkampfthema sein. Er verlangte: „Die gesetzliche Rente, nicht private Initiativen muss den Lebensstandard der Bevölkerung schützen und einen Abstieg in die Altersarmut verhindern.“
Merkel, Finanzminister Wolfgang Schäuble, Unionsfraktionschef Volker Kauder (alle CDU) sowie Seehofer und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt wollten am Freitagabend die Unionslinie abstecken, danach aber zunächst nichts veröffentlichen. Ziemiak sagte: „Meine Hoffnung ist, dass es kein Abend auf Kosten der jungen Generation wird nach dem Motto, alle bekommen etwas, damit man einen Kompromiss schließt.“