Kriminalstatistik Alle drei Minuten ein Wohnungseinbruch

Zahl der Delikte 2015 bundesweit um 9,9 Prozent gestiegen. Experten beklagen Bandenunwesen und Personalmangel bei der Polizei.

Foto: Symbolfoto: Friso Gentsch

Berlin. Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland ist 2015 ist auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahrzehnten gestiegen. Experten machen dafür Personalengpässe und Ausbildungsdefizite bei der Polizei, aber auch ausländische Tätergruppen verantwortlich.

Drei Minuten dauert ungefähr ein Musikstück im Radio. So kurz ist auch die durchschnittliche Zeitspanne zwischen zwei Wohnungseinbrüchen in Deutschland. Nach der noch unveröffentlichten Kriminalstatistik, über die gestern die Zeitung "Die Welt" berichtete, lag die Zahl der entsprechenden Fälle im vergangenen Jahr bei 167.136. Das ist ein Anstieg gegenüber 2014 um 9,9 Prozent. Noch höher war die Zahl zuletzt im Jahr 1993. Damals wurden rund 227.000 Wohnungseinbrüche registriert.

Dem Pressebericht zufolge betrug die Aufklärungsquote bei allen polizeilich erfassten Straftaten, also bis hin zum Mord, im Vorjahr 56,3 Prozent. Das ist eine leichte Verbesserung gegenüber 2014. Mit nur etwa 14 Prozent lag die Quote der aufgeklärten Wohnungseinbruchsdiebstähle in der Vergangenheit allerdings deutlich niedriger. Das heißt, lediglich bei etwa jedem siebten Einbruch werden die Täter auch gefasst.

"Solche Delikte sind oft schwerer aufzuklären als ein Mord", erläuterte der Chef des Bundes deutscher Kriminalbeamter (BDK), André Schulz, im Gespräch mit unserer Zeitung. So gebe es meist kaum Zeugen oder Spuren, und nur die allerwenigsten Einbrecher würden auf frischer Tat ertappt, meinte Schulz. Auch die Fülle der "Tatgelegenheiten" sei nicht zu unterschätzen - in Deutschland gibt es immerhin mehr als 40 Millionen Privathaushalte.

Experten unterscheiden dabei zwischen mehreren Tätertypen. Da ist der klassische Wohnungseinbrecher, der in Deutschland lebt und sich mit Kriminalität finanziert. Eine andere Gruppe bilden Täter, die ihre Spiel- oder Drogensucht mit dem Diebesgut finanzieren. Viele Probleme bereiteten aber auch organisierte Tätergruppen aus Osteuropa, erläuterte Schulz. Und wie lässt sich der wachsenden Einbruchswelle beikommen? Mehr Personal sei nur ein Aspekt. Auch die Aus- und Fortbildung der Kriminalpolizei sei stark verbesserungsbedürftig, so der BDK-Chef. "Jeder Bürger muss sich aber auch nach seinem eigenen Sicherheitsempfinden schützen".

Weil das Thema schon im vergangenen Jahr die Gemüter erregte, hat die Bundesregierung bereits ein Förderprogramm für private Eigentümer und Mieter aufgelegt. Wer Alarmanlagen einbaut oder Türen und Fenster besser sichert, kann dafür seit dem letzten November einen Zuschuss zwischen 200 und 1500 Euro von der Kreditanstalt für Wideraufbau (KfW) bekommen. Die Förderhöhe richtet sich nach dem Umfang der Investitionskosten. Nach Auskunft der KfW werden die Hilfen gut angenommen. Bislang gab es rund 10.000 Anträge auf Unterstützung. Vom 1. April an können auch zinsgünstige KfW-Kredite von bis zu 50.000 Euro zum Schutz in den eigenen vier Wänden genutzt werden.

Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sieht in solchen Maßnahmen allerdings nur die zweitbeste Lösung. "So richtig der Eigenschutz auch ist, es wird die Menschen nicht beruhigen, wenn sie sich selber um ihre Sicherheit kümmern sollen", sagte Bosbach unserer Zeitung. " Die Abschaffung der Kontrollen an den EU-Binnengrenzen und die nach wie vor hohe Durchlässigkeit an den EU-Außengrenzen sind sicher dafür mitverantwortlich, dass osteuropäische Banden leichteres Spiel haben". Nötig sei daher eine bessere internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von reisenden Tätergruppen, erklärte Bosbach.

Die Bundesregierung wollte zu der aktuellen Entwicklung gestern nicht konkret Stellung nehmen. Ein Sprecher des Innenministeriums verwies lediglich darauf, dass die Kriminalstatistik erst im Mai offiziell veröffentlich werde.