Altmaier will Sondergesetz für Asse-Atommüll
Remlingen (dpa) - Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) will mit einem Sondergesetz das Bergen radioaktiver Abfälle aus dem maroden Atommüll-Lager Asse beschleunigen.
Dies solle im ersten Halbjahr 2013 vom Bundestag verabschiedet werden, sagte Altmaier am Freitag nach einem Besuch des einsturzgefährdeten Lagers bei Wolfenbüttel. Ziel eines solchen Gesetzes müsse es sein, die sichere Rückholung und eine Beschleunigung miteinander zu vereinbaren. Auch Niedersachsens Umweltminister Stefan Birkner (FDP) unterstützte diesen Plan.
Altmaier wurde überraschend auch von SPD-Chef Sigmar Gabriel begleitet. Er will die Lösung des Atommüllproblems mit dem neuen Umweltminister gemeinsam anpacken. „Wir müssen die Rückholung so schaffen, dass die Sicherheit der Menschen nicht gefährdet ist“, sagte Altmaier. Er hatte Gabriel, der von 2005 bis 2009 ebenfalls Umweltminister war, eingeladen, ihn zu begleiten.
Gabriel hat hier auch seinen Wahlkreis und macht seit Monaten Druck, das Verfahren zu beschleunigen. In der Asse sollen wegen Wassereintritts 126 000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll nach Möglichkeit geborgen werden. Doch es ist wegen der instabilen Struktur des Bergwerks ein Wettlauf gegen die Zeit. Zudem dringen täglich mehr als 10 000 Liter Wasser in das Bergwerk ein.
Altmaier löste bei seinem Besuch per Knopfdruck das Anbohren von Kammer 7 aus - die Arbeiter in der Asse hatten auf diesen Moment zwei Jahre gewartet. Binnen sechs Wochen soll Stück für Stück die 20 Meter dicke Wand durchbohrt werden, hinter der radioaktive Abfälle lagern. Mit einer Mini-Kamera soll dann erstmals geschaut werden, wie es in einer Atommüll-Kammer aussieht, ob sich die Abfälle überhaupt noch in Fässern befinden oder ob sie vom eintretenden Wasser bereits aufgelöst worden sind. Altmaier lobte den Einsatz der Bergleute und Strahlenschutzexperten. „Hier werden nicht einfach acht Stunden abgerissen, sondern die Leute wollen was bewegen.“
Der Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS), Wolfram König sagte mit Blick auf den Start der Bohrung: „Für das Projekt ist das ein ganz großer Schritt, aber es ist nur ein ganz kleiner Schritt auf dem langen Weg zu einer sicheren Schließung.“
Die Bürger in der Region appellierten an Altmaier, bei der Asse weiter so viel Schwung zu zeigen - seinem Vorgänger Norbert Röttgen (CDU) hatten sie zu wenig Einsatz vorgeworfen. Altmaier will sich alle sechs Monaten mit den Bürgern der Region treffen.
SPD, Grüne und Linke hatten ebenfalls ein „Lex Asse“ gefordert, weil bestimmte Bestimmungen des Atomrechts die Rückholung der hier bis 1978 gelagerten Fässer dramatisch zu verzögern drohen. Zuletzt war in einem Terminplan des BfS von einem Bergungsstart erst 2036 die Rede. Allein für das Anbohren der betroffenen Kammer 7 war ein Auflagenkatalog von insgesamt 11 000 Seiten abzuarbeiten. Die Bergung könnte mehrere Milliarden Euro kosten - wenn sie möglich ist. Die Standsicherheit der Anlage könne immer nur für zehn Jahre abgeschätzt werden, betonte BfS-Präsident König.
„Hier ist eine Wunde in der Natur durch menschliche Eingriffe entstanden“, sagte Altmaier. Es sei Aufgabe der Politik, diese Wunde zu schließen. Die Lösung des Problems werde länger dauern als eine Legislaturperiode, daher dürfe Parteipolitik hier keine Rolle spielen. „Die radioaktiven Abfälle sollen zurückgeholt werden. Ich fühle mich diesem Ziel verpflichtet“, betonte Altmaier.
SPD-Chef Gabriel lobte Altmaier ausdrücklich: „Er ist ein Kommunikator und traut sich Entscheidungen zu.“ Unter seinem Vorgänger sei bei der Asse praktisch nichts entschieden worden. „Röttgen hat sich davor gedrückt.“ Beide Politiker kennen und schätzen sich aus Zeiten der großen Koalition. Möglich ist, dass sie auch gemeinsam eine Einigung zur bundesweiten Suche nach einem Endlager für hoch radioaktive Abfälle anstreben. Sie verabredeten sie am Rande des gemeinsamen Asse-Besuchs ein Vier-Augen-Gespräch.