Magazin: 200 000 Hartz-IV-Empfängern Strom abgestellt
Berlin/Mainz (dpa) - Rund 200 000 Hartz-IV-Empfängern ist einem Magazin zufolge im vergangenen Jahr der Strom abgedreht worden, weil sie ihre Stromrechnung nicht bezahlen konnten.
Das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ berief sich in seinem Beitrag auf Untersuchungen und Schätzungen des Paritätischen Gesamtverbands. Dessen Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider sagte: „Wir haben mittlerweile eine Unterdeckung, die kann im Jahr bei einem Vier-Personen-Haushalt bis zu 150 Euro betragen. Das Geld haben die Menschen nicht.“ Der Beitrag sollte am Dienstagabend ausgestrahlt werden.
Nach Auskunft des zuständigen Bundesarbeitsministeriums sind Strompreiserhöhungen im aktuellen Hartz-IV-Regelsatz berücksichtigt: „Der Regelsatz wird als pauschalierte Leistung ausgezahlt, so dass es jedem einzelnen überlassen bleibt, wie und wofür er sein Budget ausgibt“, sagte eine Ministeriumssprecherin.
Dagegen hält Schneider den Stromanteil im Hartz-IV-Satz angesichts stark gestiegener Energiekosten als viel zu niedrig bemessen: „Wir haben bei den Energiesätzen eine Nachbesserung von drei bis vier Prozent. Tatsächlich sind die Kosten aber um 20 Prozent gestiegen. Das heißt, die Nachbesserungen, mit denen sich hier die Bundesregierung herausredet, decken den Bedarf in keinster Weise. Die Menschen werden in die Armut, in die Energiearmut getrieben.“
Schuldnerberatungsstellen von Caritas und Diakonie bestätigten dem Magazin nach dessen Angaben, dass immer mehr Menschen mit Hartz IV von hohen Nachforderungen der Energieversorger überrascht würden. Sie seien nicht in der Lage seien, die Jahresschlussabrechnung fristgerecht zu begleichen.
Kritik kam von der SPD. Die Bundesregierung sorge mit einer zu geringen Bemessung der Stromkosten im Hartz-IV-Regelsatz dafür, dass die Energiewende „zum Verteilungskampf wird“, sagte die Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Elke Ferner. „Für die Betroffenen ist das eine Demütigung und nicht länger hinnehmbar.“
Es sei notwendig, dass im Regelbedarf aktuelle Preisveränderungen besser berücksichtigt würden, forderte Ferner. Die Kosten der Energiewende als einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe müssten „auf alle Schultern gerecht verteilt werden. Auch die Industrie, die zur Zeit auf Wunsch von Schwarz-Gelb noch zahlreiche Ausnahmeregelungen genießt, muss sich an dieser Aufgabe beteiligen.“