Analyse: Kinderporno-Seiten - Löschen statt sperren
Ein Gesetz, gegen das sich die Internetgemeinde lange gewehrt hatte, ist nun vom Tisch.
Berlin. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) feiert die Einigung der Koalition beim Umgang mit Kinderpornografie im Internet als ihren Sieg. Die FDP habe CDU und CSU davon überzeugt, dass das „Löschen verbotener Inhalte wie kinderpornografische Abbildungen wirklich das richtige und effektive Mittel ist“, sagte sie.
Der Koalitionsausschuss von Union und FDP hatte zuvor entschieden, Kinderpornos im Netz nicht zu sperren, sondern zu löschen. Damit wird das „Zugangserschwerungsgesetz“ der schwarz-roten Vorgängerregierung gekippt. Dieses war von der damaligen Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf den Weg gebracht worden — und brachte ihr den Spitznamen „Zensursula“ ein.
Nach heftigen Diskussionen trat das Gesetz im Februar 2010 zwar in Kraft, wurde aber kurz darauf für ein Jahr ausgesetzt und seither in keinem Fall angewendet. Kritiker argumentierten stets, dass eine Sperre leicht zu umgehen und deshalb nicht wirksam sei. Zudem würde damit den Verbreitern der kriminellen Pornografie nicht das Handwerk gelegt.
Die Regeln sahen vor, alle großen Provider in Deutschland zu verpflichten, den Zugang zu kinderpornografischen Inhalten zu blockieren. Vor allem Gelegenheitsbesucher sollten beim Aufrufen einschlägiger Angebote abgehalten werden, indem ihnen ein virtuelles „Stoppschild“ angezeigt und die Nutzung damit erschwert werden sollte. Grundlage sollte eine Liste von Internet-Seiten sein, die vom Bundeskriminalamt (BKA) erstellt und täglich gepflegt werden sollte.
„Sperren schützen die Täter und schaden den Opfern“, erklärte der Branchenverband eco. Nach Einschätzung der Piraten-Partei habe bei Sperren stets die Gefahr bestanden, dass das Internet nach wirtschaftlichen Interessen zensiert wird. „Wenn eine Infrastruktur erst einmal da ist, lässt sie sich beliebig auf andere Webseiten anwenden“, sagte der Geschäftsführer Christopher Lauer.
Die Sperren von Internetseiten seien ohnehin nur eine „symbolpolitische Maßnahme“ gewesen. Personen mit krimineller Energie hätten die Stoppschilder innerhalb von 30 Sekunden umgehen können. Zudem habe nicht ausgeschlossen werden können, dass Seiten auf den Index des BKA kämen, die gar nichts mit Kinderpornografie zu tun haben.