Atempause für die Gegner von Gorleben

Für die Suche nach einem Atommüllendlager wird eine Kommission eingerichtet.

Berlin. Es gibt in der Gesellschaft viele umstrittene Großprojekte — nicht nur Stuttgart 21 oder der Bau neuer Großflughäfen. Doch keines davon hat die Dimension des seit 35 Jahren überfälligen Endlagers für deutschen Atommüll.

Seit 35 Jahren streiten Experten und Politik darüber, ob der Salzstock im niedersächsischen Gorleben der geeignete Standort ist, um den noch Millionen Jahre strahlenden Müll aus den hiesigen Atomkraftwerken dauerhaft aufzunehmen.

Der sich jetzt abzeichnende Kompromiss über die Einsetzung einer Enquetekommission bedeutet für Gegner und Kritiker des Gorleben-Projektes eine Atempause. Bevor die zugesagte bundesweite und ergebnisoffene neue Suche nach einem Endlager beginnt, soll diese Kommission im gesellschaftlichen Konsens die Kriterien dafür erarbeiten: Wann ist ein Standort geeignet? Welche Mindeststandards sind einzuhalten? Muss der eingelagerte Müll auch rückholbar sein?

Mit am Tisch der 24-köpfigen Enquetekommission: Umweltverbände, Wissenschaft und Politik, Kirchen, Wirtschaft und Gewerkschaften. Der Kompromissvorschlag, den Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Landesumweltminister Stefan Wenzel (Grüne) am Sonntag präsentierten, könnte Schule machen für andere Gesellschaftskonflikte. Bevor Großplanung beginnt, Castoren rollen oder Bagger Baumaßnahmen einleiten, wird ein breiter Konsens gesucht.

SPD und Grüne in Niedersachsen hatten sich im Landtagswahlkampf festgelegt: „Nicht in Gorleben“ hatten sie versprochen — und sich damit auch von den Bundesführungen ihrer Parteien abgesetzt, die zu einer ergebnisoffenen Prüfung tendierten. Weil und Wenzel hoffen, die Enquete von der Ungeeignetheit des Salzstockes überzeugen zu können. Gleichwohl werden sie Mühe haben, den Kompromiss Umweltverbänden und Atomkraftgegnern schmackhaft zu machen.

Für Altmaier, der mit den Folgen der Energiewende politisch zu kämpfen hat, bedeutet der Kompromiss einen großen Erfolg. Nun ist es möglich, dass noch vor der Bundestagswahl ein Endlager-Suchgesetz im parteiübergreifenden Kompromiss Bundestag und Bundesrat passiert.