Atommüll: Suche nach dem Endlager geht wieder los

Alle Tiefenbohrungen in Deutschland müssen jetzt genehmigt werden. Eine neue Behörde soll dafür eine Veränderungssperre durchsetzen, die geologische Formationen für ein künftiges Endlager bewahrt.

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Berlin. Niemand will das atomare Endlager bei sich haben; der Standort Gorleben ist gescheitert, weil er nicht durchsetzbar war. Eine neue, ergebnisoffene Suche in ganz Deutschland soll nun die Lösung bringen, das entsprechende Gesetz wurde im Frühjahr verabschiedet. Und damit wird es jetzt ernst. Viele Regionen könnten betroffen sein.

Der erste Schritt wurde am Montag in Berlin verkündet: Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit startet ab August mit einem neuen Verfahren für die Genehmigung von Tiefenbohrungen. Jede bergbauliche Aktion unterhalb von 100 Metern, ob es eine Wasser-, Öl- oder Geothermiebohrung ist, braucht dann nicht nur das Ja der zuständigen Landes-Bergbaubehörde, sondern auch die Zustimmung des dem Umweltministerium unterstehenden Bundesamtes.

Und das wird immer dann Nein sagen, wenn das Vorhaben eine mögliche geologische Formation für ein künftiges Endlager berühren würde. Es ist praktisch eine Veränderungssperre für den Untergrund in ganz Deutschland. Er rechne mit bis zu 5000 zu prüfenden Anträgen, sagte Behördenchef Wolfram König. Alle Entscheidungen werden veröffentlicht. Gegen die Bescheide können die betroffenen Firmen im Zweifelsfall klagen.

Wohl um zu erwartende Aufregungen zu zerstreuen, betonte König, dass eine Ablehnung keinesfalls schon bedeute, dass dort ein Endlager hinkomme. Sie bedeute nur, dass hier potentiell eine Schicht sei, deren Dichtigkeit nicht von vornherein durch solche Aktionen beeinträchtigt werden solle. Umgekehrt habe eine Bohr-Genehmigung auch nicht zur Folge, dass eine Gegend schon ausgenommen sei.

Ein Endlager könne dort trotzdem entstehen, zum Beispiel weil die richtigen Gesteinsschichten viel tiefer liegen, oder weil sie sich in der Nähe befinden. Allerdings will die Behörde auch verhindern, dass einzelne Bundesländer anfangen, nun ausgerechnet jene Gegenden mit vielen Bohrungen zu perforieren, die später für ein Endlager in Frage kämen — und sich so aus dem Rennen nehmen.

Denn zu den Anforderungen an das Endlager für stark strahlenden Atommüll, der eine Million Jahre eingelagert werden soll, gehört, dass die Gesteinsschichten dicht sein müssen. Bestehende Bohr- und Abbaugenehmigungen sind von dem neuen Verfahren nicht berührt, sie gelten weiter.

In Frage kommt für die Endlagerung zum einen Salzgestein, dass es fast nur in Niedersachsen gibt. Dann Tonschichten, die in ganz Norddeutschland sowie in Baden-Württemberg verbreitet sind. Außerdem Granit, dass etwa in Bayern vorkommt. In Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Sachsen und im Saarland gibt es kaum geeignete Gesteinsformationen. Mehr Klarheit wird es in der kommenden Legislaturperiode geben. Dann will die mit der Suche beauftragte Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) den Kreis der in Frage kommenden Gebiete stark eingrenzen.

Bohrungen in allen ausgeschiedenen Regionen unterliegen dann nicht mehr dem neuen Genehmigungsverfahren. Dafür dürfte die Aufregung in den verbleibenden Gegenden umso größer sein. Ein vom ehemaligen Umweltminister Klaus Töpfer geleitetes „Nationales Begleitgremium“ aus Wissenschaftlern und Bürgern begleitet den ganzen Prozess.