Berlin: Weitere Brandsätze - Bundesanwaltschaft ermittelt
Sie lagen in der Nähe des Hauptbahnhofs und an den Bahnstrecken in alle Himmelsrichtungen: Mindestens 14 Brandsätze wurden bislang in Berlin und im Umland entdeckt. Nur zwei zündeten. Die Gefahr ist aber noch nicht gebannt.
Berlin. Am dritten Tag in Folge sind in Berlin Brandsätze an Gleisen der Bahn entdeckt worden. Einer davon im Westen der Stadt zündete laut Polizei vermutlich schon vor einiger Zeit. Verletzt wurde niemand. Die Polizei geht davon aus, dass alle Brandsätze gleichzeitig von mutmaßlich linksextremistischen Tätern deponiert wurden und seitdem nach und nach entdeckt werden. Insgesamt handelt es sich bislang um mindestens 14 Brandsätze in Berlin und dem Umland. Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen übernommen. Das Bundeskriminalamt wurde mit den weiteren Ermittlungen beauftragt.
Fern- und Regionalzüge Richtung Hamburg und Hannover mussten am Mittwoch umgeleitet werden und hatten teilweise Verspätungen von mehr als einer Stunde.
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) verurteilte die versuchten Brandstiftungen scharf und sprach von „verbrecherischen terroristischen Anschlägen“. Das Bundesinnenministerium sieht hingegen noch keinen neuen Linksterrorismus in Deutschland. Es gebe bislang keine Hinweise darauf, dass aus den linksextremistischen Strukturen bereits linksterroristische Vereinigungen im Sinne des Strafgesetzbuches geworden seien, sagte Ministeriumssprecher Jens Teschke.
Die Überreste des gezündeten Brandsatzes wurden am Mittwoch nahe dem Bahnhof Staaken im Westen Berlins gefunden. Dort lag auch noch ein weiterer Brandsatz. Ein Polizeisprecher sagte: „Es gab einen Brandsatz, der in irgendeiner Weise irgendwie gezündet hat.“ Das könnte aber auch schon am Montag oder Dienstag der Fall gewesen sein.
Für die Anschläge verwendeten die Täter meist Plastikflaschen, die mit Benzin gefüllt und mit Zündern versehen waren. Sie wurden in Kabelschächten deponiert und richteten sich gegen Kabelstränge und Leitungen der Bahn, mit denen Weichen und Signale gesteuert werden. Eine Gefahr für Menschen sahen Experten nicht, weil bei einem Ausfall der Technik alle Züge gestoppt werden.
Auch zwischen den Bahnhöfen Schöneberg und Südkreuz südlich der Innenstadt lag ein Brandsatz, der am Mittwochvormittag von Bundespolizisten gefunden wurde. Seit den ersten Funden am Montag suchten die Bahn und die Bundespolizei verstärkt alle Gleisanlagen ab.
Ramsauer sagte weiter, die Anschläge gingen in eine neue Dimension. Sie bedrohten Verkehrseinrichtungen, wo viele Menschen getroffen werden könnten. Mit den Sicherheitsbehörden werde alles dafür getan, um die Sicherheit zu gewährleisten. Er sei froh, dass die bisherigen Versuche aufgedeckt werden konnten, sagte Ramsauer. Dies spreche dafür, dass die Sicherheitskräfte hervorragend arbeiteten und auch in der Lage seien, solche Vorhaben zu vereiteln.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte am Mittwoch vor Beginn seiner Koalitionsverhandlungen mit der CDU: „Ich gehe nicht davon aus, dass uns hier ein neuer Linksterrorismus droht. Selbstverständlich ist das aber ein furchtbarer Zustand, dass Menschen andere Menschen gefährden. Das muss bekämpft werden.“
Der Berliner Verfassungsschutz geht von einer isolierten Einzelgruppe von Linksextremisten aus. Zeitgleich mit den Attacken gegen die Bahn war am Montag ein Bekennerschreiben aufgetaucht. Eine linksextreme Gruppe protestierte darin gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan.
Am Montag und Dienstag waren zahlreiche Brandsätze in der Nähe des Hauptbahnhofes im Zentrum Berlins sowie an Gleisanlagen im Norden, Westen, Südosten und Süden der Hauptstadt gefunden worden. In Brandenburg nahe der Westgrenze Berlins war am Montag der erste Brandsatz explodiert. Die meisten der mindestens 14 Brandsätze zündeten nicht. Entweder verhinderte das Regenwetter Schlimmeres oder sie versagten aus technischen Gründen.