Betreuungsgeld-Streit geht weiter - Studie: Lücke bei Kita-Plätzen
Berlin (dpa) - Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler macht massiv Front gegen die vom Koalitionspartner CSU geforderte Geldleistung für Eltern, die ihre Kleinkinder zuhause betreuen.
„Das Modell der Union für ein Betreuungsgeld kostet viel Geld, ist nicht gegenfinanziert, und eine Bildungskomponente fehlt völlig“, sagte der Wirtschaftsminister und Vizekanzler der „Bild am Sonntag“. Zur Begründung verwies Rösler auf die angespannte Haushaltslage.
Auch die Berliner Opposition lehnt den unionsinternen Kompromiss zu der ab 2013 geplanten Leistung ab: Es sei „verfassungsrechtlich ebenso wenig haltbar wie die vorangegangenen Vorschläge“, wenn man ein Betreuungsgeld unter Auflagen auch an die Empfänger von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) auszahle, sagte die familienpolitische Sprecherin der SPD, Caren Marks, der „Frankfurter Rundschau“ (Samstag). „Die Union sollte das Betreuungsgeld endlich aufgeben.“ CSU und auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten diese Woche bekräftigt, am Betreuungsgeld für Eltern kleiner Kinder festzuhalten.
„Statt alleinerziehenden Müttern die dringend benötigten Betreuungsplätze für ihre Kinder zur Verfügung zu stellen und damit die Rahmenbedingungen zu schaffen, die sie brauchen, um selbst für ihr Alter vorsorgen zu können, sollen sie nun für zwei Jahre das Betreuungsgeld in eine private Altersvorsorge investieren. Was soll daran nachhaltig sein?“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Ekin Deligöz.
Die Jungen Liberalen lehnen den möglichen Kompromiss von Schwarz-Gelb zum Betreuungsgeld gleichfalls ab. Es bleibe ein „schuldenfinanziertes Wahlgeschenk zulasten kommender Generationen“, sagte Juli-Chef Lasse Becker der „Rheinischen Post“ (Samstag). Er sprach von einem „Taschenspielertrick“, angesichts fehlender Kita-Plätze Kinder über das Betreuungsgeld von frühkindlicher Bildung fernzuhalten.
Der Ausbau von Kita-Plätzen bleibt nach einer neuen Studie vor allem in den westdeutschen Ländern deutlich hinter den Betreuungswünschen der Eltern zurück. Zu diesem Ergebnis kommt das Deutsche Jugendinstitut in einer Untersuchung für Familienministerin Kristina Schröder (CDU), wie das Magazin „Der Spiegel“ schreibt.
Grundlage der Zahlen ist eine Befragung von Eltern mit Kindern im Alter von unter 36 Monaten. Diese Ergebnisse wurden den tatsächlichen Betreuungsquoten in Kindertagesstätten (Kitas) gegenübergestellt. Die Untersuchung hat einige Brisanz vor dem Hintergrund des Streits zwischen Ministerin Schröder und den Ländern über die Verwendung von zusätzlichen 580 Millionen Euro, die der Bund für den Ausbau der Einrichtungen bereitstellen will. Die Länder müssen ab 2013 Rechtsansprüche auf einen Kita-Platz für Kleinkinder erfüllen.
Wegen des hohen Bedarfs sollen mit dem Geld über die für 2013 vorgesehenen 750 000 Kita-Plätze hinaus weitere 30 000 geschaffen werden. Die Länder hatten im Bundesrat die Annahme der Bundesmittel verweigert. Sie stört vor allem die vom Bund geforderte Berichtspflicht über die Verwendung der Gelder.
Laut Studie finden in Bremen 21,8 Prozent der Familien keinen Kita-Platz, weil das Angebot fehlt. Kaum besser ist die Lage in Nordrhein-Westfalen und Hessen. Hier gehen 17,8 beziehungsweise 16,7 Prozent der Interessierten leer aus. Am besten steht unter den westdeutschen Ländern Bayern da, wo die Differenz zwischen Betreuungswunsch und -quote 10,8 Prozent beträgt. In Ostdeutschland fehlen in Mecklenburg-Vorpommern die meisten Plätze. Die bundesweit geringste Versorgungslücke gibt es in Sachsen-Anhalt mit 4,9 Prozent.