Bund und Länder dringen auf Einigung bei Hartz IV
Berlin/Gammertdingen (dpa) - Nach wochenlangem Gezerre wollen Bund und Länder nun schnell die Hartz-IV-Neuregelung unter Dach und Fach bringen. Nächste Woche solle es bereits konkrete Ergebnisse geben, hieß es am Montag.
Eine neue Verhandlungsrunde mehrerer Ministerpräsidenten soll an diesem Dienstag beginnen. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums gab es am Montag erste Vorgespräche. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte die schleppenden Verhandlungen über die Hartz-IV-Reform.
„Es geht in dieser Frage nicht um ein bisschen Mehr für Menschen, die in Not sind, sondern um unser ganzes Gefüge, ob Arbeiten sich lohnt oder ob Arbeiten sich nicht lohnt“, sagte Merkel. Die CDU-Vorsitzende fügte bei einer Wahlkampfkundgebung ihrer Partei in Gammertingen in Baden-Württemberg hinzu, die Politik dürfe Hartz IV nicht zu einem „Zustand machen, in dem man sich möglichst lange aufhält“.
Die Bundesregierung plant eine Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes um 5 auf 364 Euro. Der Opposition ist das zu wenig. Zudem ist ein Bildungspaket für bedürftige Kinder vorgesehen.
Wie die dpa erfuhr, wollen die Ministerpräsidenten von Bayern, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz, Horst Seehofer (CSU), Wolfgang Böhmer (CDU) und Kurt Beck (SPD), an diesem Dienstag in Berlin zunächst in kleiner, vertraulicher Runde einen „Korridor“ abstecken. Damit soll der inhaltliche und finanzielle Rahmen für eine Einigung festgelegt werden.
Künftig soll es nicht mehr drei, sondern nur noch eine Hartz-IV-Verhandlungsgruppe geben. Diese soll dem Vernehmen nach schon am Freitag zusammenkommen. Nach einer Sitzung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat in der kommenden Woche sei zeitnah auch eine Sondersitzung der Länderkammer denkbar, bei der die Reform dann beschlossen werden könnte, hieß es weiter.
Voraussichtlich würden an dem Gespräch der drei Länderchefs auch die bisherigen Verhandlungsführerinnen, Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und SPD-Vize Manuela Schwesig, teilnehmen, hieß es. Danach dürfte es telefonische Absprachen mit den Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Guido Westerwelle (FDP) und Sigmar Gabriel (SPD) geben.
FDP-Generalsekretär Christian Lindner machte deutlich, dass seine Partei an einer Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes begrenzt auf 5 Euro festhalten wolle. Bei der Zeitarbeit sei noch Bewegung möglich. Die Spielräume sollten aber zunächst von den Tarifparteien ausgelotet werden.
Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) stieß mit ihrer Äußerung, möglicherweise beim Regelsatz noch etwas draufzulegen, auf deutliche Vorbehalte in der CDU-Spitze. „Es geht jetzt um Einigung und nicht ums Draufsatteln“, sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe.
Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, Kanzlerin Merkel sei bisher stets intensiv in die Gespräche eingebunden gewesen „und so wird es auch bleiben“. Er stellte zudem klar, dass der Bund als wesentlicher Geldgeber an den Verhandlungen weiter federführend beteiligt sein werde. Am Wochenende hatte Beck die Gesprächsführung für die Länderchefs beansprucht.
Beck hatte vergangene Woche die Initiative zur Fortsetzung der Verhandlungen ergriffen. Er konnte seine Länderkollegen dafür gewinnen, erneut den Vermittlungsausschuss anzurufen. Denn Schwarz-Gelb hatte im Bundesrat für das Hartz-IV-Paket keine Mehrheit. Damit wäre das Paket endgültig gescheitert. So aber kann jetzt auf der bisherigen Basis weiter verhandelt werden.
Der Deutsche Städtetag dringt angesichts der Finanznot der Kommunen auf eine schnelle Lösung. Und die Bundesagentur für Arbeit (BA) machte deutlich, dass sich ohne eine rasche Einigung Auszahlungen nach den neuen Regelsätzen um einen weiteren Monat verzögern würden. Um zum 1. März anweisen zu können, brauche die BA eine Einigung bis Donnerstag, sagte Sprecherin Anja Huth der dpa.
BA und Arbeitsministerium sind sich nach Huths Darstellung einig, höhere Sätze erst bei einer gesetzlichen Regelung rückwirkend zum 1. Januar zu überweisen. Ungeachtet dessen zahlen einige Kommunen den bisher vorgeschlagenen höheren Satz schon aus. Im Kreis Ostvorpommern erhalten die rund 9000 Hartz-IV-Empfänger seit Januar 5 Euro mehr, ebenso im schleswig-holsteinischen Nordfriesland.
Vor der Hamburg-Wahl am kommenden Sonntag ist nach den bisher bekanntgewordenen Plänen also keine Einigung mehr zu erwarten. Vor den Wahlen in Sachsen-Anhalt (20. März), Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg (beide 27. März) scheint jetzt aber eine Lösung möglich.