Bundes-SPD sieht in Rot-Rot-Grün keine Option für Berlin
Erfurt (dpa) - Die Bundes-SPD sieht in der angestrebten rot-rot-grünen Koalition in Thüringen kein Modell für Berlin.
„Wir haben auf Bundesebene eine ganz andere Situation, eine ganz andere Bewertung vorzunehmen, das hat miteinander rein gar nichts zu tun“, sagte Generalsekretärin Yasmin Fahimi im Deutschlandfunk. Die Union brandmarkte die Erfurter Entscheidung als Tabubruch, ausgerechnet im 25. Jahr des Mauerfalls.
Der Thüringer SPD-Vorstand hatte sich am Montagabend nach wochenlangen Sondierungen - auch mit der CDU - für das neue Koalitionsmodell Rot-Rot-Grün ausgesprochen und damit für Bodo Ramelow als ersten Linke-Ministerpräsidenten in Deutschland. Am Dienstag wurden bereits Briefe für die nun anstehende SPD-Mitgliederbefragung verschickt.
Fahimi betonte, sie sehe bei der Linken im Bundestag „eine wesentlich geringere Stabilität in der Fraktion“ als in Thüringen. Zudem verwies sie auf Differenzen auf Bundesebene. Es gehe darum, „wie man sich die weitere europäische Einigung vorstellt und ob die Linkspartei dabei bleibt, Deutschland international isolieren zu wollen“.
Auch der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Ralf Stegner sieht keine Weichenstellung für die Bundestagswahl 2017. „Es ist ein Stück Normalisierung. Aber klar ist auch: In Thüringen geht es nicht um Krieg und Frieden, auch nicht um Europapolitik“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Es ist gut, dass wir Alternativen haben und uns nicht in eine babylonische Gefangenschaft zur Union begeben“, konstatierte Stegner und nannte die Kritik der Union an einem Linksbündnis scheinheilig: „Die CDU war in der DDR eine Blockpartei.“
Für Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) ist es „unglaublich“, dass 25 Jahre nach dem Mauerfall „SPD und Grüne sich zum Anhängsel der SED-Erben machten“, wie er beim Kurznachrichtendienst Twitter schrieb. Der Berliner CDU-Landesgeneralsekretär Kai Wegner sprach von einer „Schande für Deutschland“, wenn „die Partei der Stasispitzeleien und Mauermorde in die Erfurter Staatskanzlei einzieht“.
Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) appellierte noch einmal an die SPD-Mitglieder, Rot-Rot-Grün zu verhindern. „Sie haben es nun in der Hand, der Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen und zu verhindern, dass Thüringen sich durch eine von der Linken geführte Regierung ins Abseits manövriert und die erfolgreiche Entwicklung der letzten Jahre abreißt“, argumentierte sie.
Die Antworten auf die Befragung der 4300 Thüringer Sozialdemokraten müssen laut SPD-Geschäftsführer René Lindenberg bis 3. November eingegangen sein. Einen Tag später wird ausgezählt. Gültig ist die Mitgliederbefragung, wenn sich mindestens 20 Prozent daran beteiligen. Der designierte Landeschef Andreas Bausewein und auch Sozialministerin Heike Taubert hatten die Hoffnung auf etwa 70 Prozent Zustimmung geäußert.
Der Grünen-Vorstand will am Donnerstag über eine Empfehlung beraten. Landeschef Dieter Lauinger rechnet „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ mit einer Zustimmung für Rot-Rot-Grün.
Ein Linksbündnis hat im Landtag nur eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme. Linken-Fraktionschef Ramelow erwartet eine schwierige Ministerpräsidentenwahl. „Ich richte mich darauf ein, bis zum dritten Wahlgang zu gehen, weil eine Stimme Mehrheit wird am Anfang entscheidend sein“, sagte er am Montagabend im „Heute Journal“ des ZDF. Bei der Wahl des Ministerpräsidenten reicht nach der Thüringer Verfassung im dritten Wahlgang die einfache Mehrheit.