#spdbpt Bundesparteitag: Die SPD setzt um, was die Kanzlerin verspricht

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer zieht mit einer SPD in den Wahlkampf, die „das andere Deutschland“ repräsentieren soll. Zumindest der Bundesparteitag will das auch — mit nur drei Gegenstimmen.

Rheinland-Pfalz Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) machte auf dem Parteitag "den Flüchtlingen ein Angebot auf Gleichheit“.

Foto: Kay Nietfeld

Berlin. Malu Dreyer, um die sich viel dreht auf diesem Bundesparteitag, kann nicht lange bleiben. Sie will nach Herxheim, eine 10.000-Einwohner-Gemeinde in Rheinland-Pfalz. In der dortigen Flüchtlingsunterkunft hat es wieder gebrannt. Bereits zum zweiten Mal, die Ursache ist noch unklar. Das lässt der Ministerpräsidentin, die in Berlin für den künftigen Kurs der Partei in Sachen Flüchtlingspolitik wirbt, keine Ruhe.

Dass Dreyer zu Beginn ihrer Rede den Genossinnen und Genossen die Geschichte eines jungen Mannes erzählt, sagt viel über die Ernsthaftigkeit, die der Parteivorstand in dieser Sache spürt. Die Geschichte geht so: Der junge Mann ist 20 Jahre alt, auf der Flucht vor Terror und politischer Verfolgung, bald wird er Student und Bürger eines neuen Staats. Und doch kehrt er nach Hause zurück, wird 24 Jahre später Regierungschef und erhält bald den Friedensnobelpreis. Dass es sich dabei um Willy Brandt handelt, muss man keinem Sozialdemokraten eigens erklären.

Nur wissen Sozialdemokraten auch: Es steht meist schlecht um ein Anliegen, wenn die SPD zu seiner Durchsetzung Willy Brandt beschwören muss. Keine Obergrenzen, aber Kontingente. Schnellere Verfahren, schneller Klarheit über Bleiben oder Gehen. Reduzierung des Zustroms, aber kein Herumschrauben am Recht auf Asyl, sondern endlich ein Einwanderungsgesetz. Keine Begrenzung des Familienzuzugs, stattdessen Integration — und eine klare Kampfansage gegen die rechtspopulistische AfD. Das ist die Linie des Antrags „Solidarität und Verantwortung in Staat und Gesellschaft“, der die Grundzüge sozialdemokratischer Flüchtlingspolitik beschreibt.

„Wir machen den Flüchtlingen ein Angebot auf Gleichheit“, so Malu Dreyer, und im Gegenzug erwarte man von den Flüchtlingen die Anerkenntnis der „Werte unserer Gesellschaft“. Dreyer beschwört eine Partei, die im Sinne Willy Brandts das „andere Deutschland“, das bessere Deutschland sein will. Weil die Parteispitze weiß, dass das löblich ist, aber nicht reicht, um die Basis zu überzeugen, schickt sie nach Dreyer noch einmal Martin Schulz und Hannelore Kraft in die Bütt. Der Präsident des Europaparlaments und die NRW-Ministerpräsidentin liefern ab, was Dreyer weder an stimmlicher Kraft noch an inhaltlicher Lautstärke aufbringt.

Martin Schulz bekommt sich kaum ein über die Schäbigkeit, mit der andere Flüchtlingskrise und Terrorgefahr vermengen. Hannelore Kraft kündigt einen Kampf „mit klarer Kante“ gegen die "die rechte Brut, die versucht dieses Land kaputt zu machen“ an. Sagt aber auch, dass das Ziel sein müsse, dass weniger Flüchtlinge und diese weniger schnell kommen. Der hessische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel nennt die AfD den „politischen Arm der geistigen Brandstifter aus Dresden“, wirft Dreyers CDU-Gegenkandidatin Julia Klöckner vor, sie lasse keinen Tag aus, um Ressentiments zu bedienen. Und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sei einfach ein Versager, der die Menschen verunsichere.

Das redet sich prächtig und klingt nach vorbildlicher Haltung. An der Parteibasis, in den Ortsvereinen, wo sich die realen Sorgen und die Aufgaben stapeln, reicht das wahrscheinlich nicht. Aber Willy Brandt wäre wohl wirklich stolz. Es gibt Tage, an denen das einfach mal reichen muss. Auf Parteitagen ohnehin. Mit nur drei Gegenstimmen und wenigen Enthaltungen geht der Antrag schließlich durch.