#spdbpt SPD-Bundesparteitag beginnt mit Außenpolitik und Flüchtlings-Debatte

Drei Tage, 600 Delegierte, 900 Anträge: Zum Auftakt des Mammut-Konvents in der Berliner Messe geht es am Donnerstag um Inhalte. Ab Freitag dreht sich dann alles nur noch um die dritte Wiederwahl von Sigmar Gabriel.

Am Donnerstag hat Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier (l) das Wort beim Bundesparteitag der SPD, am Freitag stellt sich Parteichef Sigmar Gabriel (r) zur Wiederwahl.

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Berlin. Zum Auftakt ihres Bundesparteitags trägt die SPD am Donnerstag Trauerflor: Nach dem Gottesdienst startet der dreitägige Antrags- und Wahlmarathon gegen 11 Uhr mit stolzem Totengedenken. Die SPD ehrt ihre verstorbenen Granden Egon Bahr, Günter Grass und Helmut Schmidt; dazu wird Altkanzler Gerhard Schröder erwartet. Entsprechend ernsthaft eingestimmt wird Außenminister Frank Walter Steinmeier dann zur Außenpolitik sprechen und den Leitantrag des Parteivorstands „Für eine gerechte und friedliche Welt“ bewerben.

Steinmeiers Rede wird für etwa 12.15 Uhr erwartet (wir berichten hier auf wz.de und bei Twitter unter @wznewsline) Es ist nicht zu erwarten, dass die Partei-Linke dazu einhellig Beifall klatscht, der Steinmeier erklären muss, warum die große Koalition die Bundeswehr in einen Syrien-Einsatz mit vielen Unbekannten und keinem greifbaren Einsatzziel schickt. Und der in Wahrheit nicht zu den Vorstellungen passt, die die Partei erst im Oktober auf ihrem „Perspektivkongress“ mit der etwas sperrigen Überschrift „Für eine gerechte und friedliche Welt: Frieden gibt es nur im Dialog — und in gemeinsamer Verantwortung“ niedergelegt hat.

Was dann am frühen Nachmittag folgt, ist ein Eiertanz. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer wird den Leitantrag „Für eine verantwortungsvolle Flüchtlingspolitik“ vorstellen, aus dem die Agentur Reuters bereits am Dienstag zitierte, an dem die Parteispitze jedoch noch am Mittwoch feilte. Der Inhalt in wenigen Sätzen: Während die Kanzlerin sagt „Wir schaffen das“, sagt die SPD wahrscheinlich wörtlich „Wir machen das“ — was auch der Realität entspricht, denn die Hauptlast der Flüchtlingskrise tragen in Deutschland die Länder.

In Mainz hatte die Partei sich bereits auf die Linie „Nachhaltige Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik: Die offene Gesellschaft handelt solidarisch und gerecht. Wir investieren in Integration für eine starke Gesellschaft“ festgelegt. Das war vor den Anschlägen von Paris. Damals regte sich Gabriel zur Flüchtlingsfrage vor allem noch über eines seiner Konflikt-Interviews mit der ZDF-Journalistin Bettina Schausten auf: „Diese mediale Welt scheint im wesentlichen danach zu suchen, welche Probleme sie uns bereiten kann.“

Das wird in seiner Durchsichtigkeit etliche Genossen nicht über die rhetorischen Pirouetten hinwegtrösten, die die Parteispitze seitdem dreht. Sie will weder von Obergrenzen noch grundsätzlich über das Asylrecht sprechen, aber der Parteibasis trotzdem irgendwie versichern, dass der Zuzug von Flüchtlingen nicht unbegrenzt sein wird. Damit ist die SPD derzeit eigentlich die beste Basis, die die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel sich wünschen kann.

Malu Dreyers Auftritt ist jedoch vor allem ein Duell im Fernwahlkampf mit ihrer Herausforderin Julia Klöckner, die ihren großen Auftritt in der kommenden Woche auf dem CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe hat — ebenfalls zur Flüchtlingspolitik. Dieses Duell kann Dreyer nicht gewinnen. Dazu müsste sie die Parteilinie verlassen und deutlich schärfere Töne anschlagen. Oder wenigstens wie ihre Kontrahentin Klöckner den Begriff „Willkommenskultur“ etwas abschreckender auslegen.

Bis zum rheinland-pfälzischen SPD-Landesparteitag im Januar bräuchte Dreyer eigentlich ein neues Thema. Wäre die Landtagswahl bereits an diesem Wochenende und nicht erst am 13. März, hätte Julia Klöckner schon gewonnen. Weshalb sich Dreyers SPD zur Zeit mit Weisheiten ihres Vorgängers Kurt Beck tröstet, der gern zu Bildern aus der ländlichen Tierwelt griff. Wie „Die Hühner werden abends gezählt“ oder „den frühen Vogel frisst manchmal die Katz“.