In der Türkei inhaftiert Bundesregierung nennt Steudtner-Anklage „nicht akzeptabel“
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung hat ihren Protest gegen die Anklage der türkischen Justiz gegen den deutschen Menschenrechtler Peter Steudtner bekräftigt.
„Solche Forderungen nach bis zu 15 Jahren Haft sind nicht akzeptabel. Sie sind für uns vollkommen unverständlich“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert auch im Namen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Wir erwarten von der Türkei, dass die deutschen Staatsangehörigen, die aus nicht nachvollziehbaren Gründen inhaftiert sind, freigelassen werden.“ Ähnlich hatte sich am Sonntag bereits Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) geäußert.
Der für Amnesty International tätige Steudtner und weitere Menschenrechtler waren am 5. Juli bei einem Seminar auf der Istanbul vorgelagerten Insel Büyükada festgenommen worden. Am Sonntag war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Anklage gegen insgesamt elf Personen wegen Mitgliedschaft und Unterstützung einer Terrororganisation erhoben hat. Das mögliche Strafmaß soll Medienberichten zufolge 15 Jahre betragen.
Amnesty International nannte die Vorwürfe gegen die in der Türkei angeklagten Menschenrechtler „absurd“. Die Anklage gegen Steudtner und zehn weitere Aktivisten „belegt erneut die Versuche der politischen Instrumentalisierung des türkischen Justizsystems“, sagte der Chef von Amnesty Deutschland, Markus Beeko. Er forderte die sofortige Freilassung der Inhaftierten. „Jeder einzelne Tag in Haft ist einer zu viel.“
Nach Angaben des Auswärtigen Amts sind elf Deutsche aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert. Die Dunkelziffer könnte aber noch deutlich höher liegen.
Der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im türkischen Parlament begrüßte die Vorlage der Anklageschrift gegen Steudtner. „Damit ist der Rahmen abgesteckt“, sagte der Ausschussvorsitzende, der AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroglu, der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul. „Jetzt liegt es am zuständigen Strafgericht, den Vorwürfen im Einzelnen nachzugehen und eine Entscheidung zu fällen.“ Yeneroglu verwahrte sich gegen Druck aus Deutschland auf die türkische Justiz in dem Fall.
„Entgegen der täglichen Vorwürfe gegen die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei steht außer Zweifel, dass das Gericht sich nicht von dem internationalen Druck beeindrucken lassen wird“, sagte Yeneroglu. Es werde „ausschließlich auf Grundlage der rechtlichen Rahmenbedingungen eine überzeugende Entscheidung fällen“.