Umstrittener Gesetzentwurf Bundesregierung will Hass und Hetze im Netz eindämmen

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung sagt Hasskommentaren und Falschnachrichten im Internet den Kampf an. Ein Gesetzentwurf nimmt Betreiber von Plattformen und sozialen Netzwerken bei der Bekämpfung von Hasskriminalität stärker in die Pflicht.

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Die Neuregelung wurde in Berlin vom Bundeskabinett verabschiedet. Den Firmen sollen etwa Löschfristen auferlegt werden, wenn es um offensichtlich strafbare Inhalte wie Volksverhetzung und Bedrohung geht. Bei Verstößen drohen Bußgelder in Millionenhöhe.

Der Entwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) stößt auf große Vorbehalte. Kritiker sehen etwa die Meinungsfreiheit im Internet bedroht. Der Entwurf geht nun ins parlamentarische Verfahren. Die SPD strebt an, dass der Bundestag ihn noch in dieser Legislaturperiode beschließt.

„Unser Problem besteht darin, dass teilweise gar nichts gelöscht wird“, sagte Maas. Die sozialen Netzwerke stünden aber in der Verantwortung, wenn ihre Plattformen missbraucht und darüber Hasskriminalität sowie strafbare Falschmeldungen verbreitet werden. „Die Meinungsfreiheit findet ihre Grenzen am Strafrecht.“ Die Firmen seien bereits nach geltendem Recht dazu verpflichtet, rechtswidrige Inhalte unverzüglich aus dem Netz zu entfernen, sobald sie davon Kenntnis erlangen. Dem solle nun Nachdruck verliehen werden.

Maas betonte, gerade mit dem Gesetz werde die Meinungsfreiheit geschützt - und zwar die derer, die durch Bedrohungen, Verunglimpfungen, Hass und Hetze mundtot gemacht werden sollten.

Der Entwurf sieht etwa vor, dass Plattformbetreiber offensichtlich strafbare Inhalte wie Volksverhetzung, Bedrohung, Beleidigung oder üble Nachrede binnen 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde löschen sollen, sonstige rechtswidrige Inhalte innerhalb von sieben Tagen. Vorgesehen sind zudem eine vierteljährliche Berichtspflicht über den Umgang mit Beschwerden sowie Bußgelder bei Verstößen gegen die Berichtspflicht oder bei mangelhafter Umsetzung des Beschwerdemanagements - sie können in Millionenhöhe liegen.

Nach der Vorstellung seiner Pläne Mitte März hatte Maas noch Änderungen an dem Entwurf vorgenommen. So wurde die Liste der Straftatbestände, denen nachgegangen werden soll, ausgeweitet. Auch ein Auskunftsanspruch für Opfer von Hasskriminalität ist enthalten.

Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) begrüßte den Entwurf. Die rechts- und verbraucherpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker, nannte ihn einen Schritt in die richtige Richtung.

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki kritisierte ihn hingegen als „blanken Populismus“. Die Verschärfung bringe letztlich nichts, wenn das Personal fehle, um Beleidigungen effizient verfolgen zu können. Renate Künast von den Grünen sprach von einem „Schnellschuss“. Der Branchenverband Bitkom befürchtete eine „Löschpflicht nach Gutdünken, bei der Betroffene nicht angehört werden und kein rechtsstaatliches Verfahren garantiert ist“.

Die Deutsche Journalisten-Union (dju) mahnte, staatliche Eingriffe, die die Plattformen zur Löschung von Hassreden verpflichteten, müssten immer mit dem Recht auf Meinungsfreiheit und dem Verbot der Zensur abgewogen werden. „Denn es besteht die Gefahr des vorauseilenden Löschens von Inhalten, die auch Medienanbieter betrifft, die ihre Inhalte über Facebook, Twitter und Co. verbreiten“, sagte dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß.

Auch auf den Deutschen Richter- und Staatsanwaltstag in Weimar wurde das Thema kontrovers diskutiert. „Ich halte den Entwurf für komplett falsch“, sagte der Oliver Süme vom Verband der Internetwirtschaft eco. Unternehmen würden im Zweifel Inhalte eher löschen, was eine gefährliche Entwicklung für die Meinungsfreiheit sei. Der Deutsche Richterbund hält hingegen den Gesetzentwurf für den richtigen Ansatz.