Bundestag Milliardenpakete für Unternehmen: Hilfen im Schweinsgalopp

Berlin. · Der Bundestag hat die Milliardenpakete für Unternehmen und weitere von der Krise Betroffene bewilligt. Im Kern herrschte große Einigkeit.

Mit ausreichend Abstand haben die Bundestagsabgeordneten die Milliardenhilfen auf den Weg gebracht. Auch wenn im Kern Konsens herrschte, stellten einige Redner die parteipolitischen Unterschiede heraus.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Unter massiven Infektionsschutzvorkehrungen hat der Bundestag am Mittwoch im Eilverfahren die  zu Wochenbeginn beschlossenen Maßnahmen der Regierung zur Abmilderung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie verabschiedet. Wegen der dazu fälligen Neuverschuldung  in Höhe von 156 Milliarden Euro wurde zugleich die Schuldenbremse in der Verfassung ausgesetzt. Alle Beschlussvorlagen fanden eine breite Mehrheit. In der Debatte wurden aber auch parteipolitische Unterschiede deutlich.

Zum Auftakt der rund 90 Minuten langen Aussprache warb Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) noch einmal um Verständnis für die starke Einschränkung  von Bürgerrechten. Sie diene dazu, die Ausbreitung der Seuche zu verlangsamen. Er vertrat Regierungschefin Angela Merkel (CDU), die wegen des Kontakts zu einem Infizierten selbst unter häuslicher Quarantäne steht.  „Vor uns liegen harte Wochen. Wir können sie bewältigen, wenn wir solidarisch sind“, erklärte Scholz. Die geplante Nettokreditaufnahme, die mit einem Nachtragshaushalt verbunden ist, nannte er eine „gigantische Summe“. Deutschland könne sich das aber leisten, versicherte der Finanzminister. Das sahen im Prinzip auch alle weiteren Redner so. Allerdings wurde auch Kritik geübt. Nachfolgend die Positionen der Parteien:

Union

Fraktionschef Ralf  Brinkhaus (CDU) stellte eine rasche Umsetzung der Hilfen in Aussicht. „Umsetzung ist jetzt das, was zählt.“ Zugleich dämpfte er mögliche Erwartungen auf einen vollen Ausgleich für erlittene Einbußen. Alle Menschen so zu stellen, als gebe es keine Corona-Krise, werde nicht funktionieren. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt machte klar, dass es sich bei der Abkehr von der Schuldenbremse um eine „Ausnahme“ handelt. Soll heißen: Nach der Krise gelten diese Spielregeln wieder.

SPD

Auf wechselseitige Sticheleien zwischen den Regierungsparteien wurde  diesmal verzichtet. Auch von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, der schon öfter gegen die Union ausgeteilt hat. „In einer Zeit, in der Abstand der beste Schutz ist, müssen wir zusammenstehen“, erklärte Mützenich. Der SPD-Politiker stellte vor allem die sozialen Maßnahmen zur Abfederung der Krise heraus. Zugleich appellierte er an Unternehmen, das  Kurzarbeitergeld zusätzlich aufzustocken. Zu einer entsprechenden Verpflichtung hatte sich die Bundesregierung allerdings nicht durchringen können.

AfD

Auch die größte Oppositionspartei war weitgehend auf  Konsens mit der Groko  gestimmt. Zusammenstehen sei jetzt erste Bürgerpflicht, meinte Fraktionschef  Alexander Gauland. Zugleich drängte er die Regierung, die Einschränkungen für die Wirtschaft und die Bürger möglichst schnell wieder aufzuheben. Ein unbegrenzter Shutdown sei nicht durchzuhalten. Nach Gaulands Worten fehlt es der Regierung an einer Ausstiegsstrategie. Ein Entschließungsantrag der AfD sah deshalb vor, dass der Bundestag die Lage „in einem Monat“ neu bewerten könne und die Notsituation zunächst auf diesen Zeitraum befristet sei. Der Antrag fand jedoch keine Mehrheit. In Erwartung dieses Ergebnisses hatte die AfD schon vorher angekündigt, sich bei den Abstimmungen über die  Regierungsvorlagen zu enthalten.

FDP

Auch Liberalen-Chef Christian Lindner pochte auf eine schnellstmögliche Rückkehr zu den bürgerlichen Freiheitsrechten. Aktuell seien die Einschränkungen aber „verhältnismäßig“, betonte der Oberliberale. Überhaupt zeigte er sich sehr staatstragend: Alle Parteien hätten das Ziel, „Schaden vom deutschen Volk und der Bevölkerung  abzuwenden“.

Linke und Grüne

Redner beider Parteien machten deutlich, dass ihnen die Hilfsmaßnahmen nicht weit genug gehen, man sie aber trotzdem mittragen werde. So forderte Linksfraktionschefin Amira Mohamed Ali, dass der Staat das Kurzarbeitergeld auf 90 Prozent des letzten Lohns aufstocken müsse. Nach geltendem Recht sind es 60 Prozent beziehungsweise 67 Prozent für Personen mit Kindern. Außerdem verlangte Mohamed Ali eine Anhebung der Grundsicherung um 200 Euro und eine Sonderabgabe für Multimillionäre. Ihre Amtskollegin von den Grünen, Katrin Göring-Eckardt, machte sich ebenfalls für eine Aufstockung des Regelsatzes bei Hartz IV stark. Obendrein forderte sie einen Bonus für das medizinische Personal.

Die Aussetzung der Schuldenbremse wurde in namentlicher Abstimmung beschlossen. Dafür votierten 469 Abgeordnete. Es gab drei Gegenstimmen und 55 Enthaltungen. Ein paar Kilometer weiter hatte zwischenzeitlich der Bundesrat grünes Licht für den Nachtragshauhalt  gegeben. Seine Sitzung dauerte wenige Minuten.