Bundestagspartei und Bewegung: AfD marschiert auf einem schmalen Grat

Die AfD-Jugendorganisation steht weiter rechts als die Partei. Trotzdem wirft die Beobachtung der Jungen Alternative in Bremen und Niedersachsen auch einen Schatten auf die gesamte AfD.

Die Teilnehmer der Demonstration von AfD und dem ausländerfeindlichen Bündnis Pegida, der sich auch die Teilnehmer der Kundgebung der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Chemnitz angeschlossen haben, ziehen durch die Stadt. Darunter sind Björn Höcke (vorne, M), Uwe Junge (vorne, l), Fraktionsvorsitzender AfD Rheinland-Pfalz,Vorsitzender der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag und Andreas Kalbitz (vorne, 2.v.l.), Mitglied des Bundesvorstandes der AfD.

Foto: Ralf Hirschberger

Berlin (dpa) - Die bürgerliche Fassade der AfD zeigt Risse. In Bremen und Niedersachsen wird die Jugendorganisation der Partei jetzt vom Verfassungsschutz beobachtet. In Chemnitz marschierten am vergangenen Wochenende prominente Mitglieder des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses an der Spitze einer eines Demonstrationszuges mit. In einer Reihe mit fünf Landesvorsitzenden der AfD.

Bemerkenswert ist diese gemeinsame Aktion, weil diesmal nicht nur Angehörige des rechtsnationalen Parteiflügels aus dem Osten dabei waren, sondern auch Abgeordnete aus Berlin und der rheinland-pfälzische Fraktionsvorsitzende Uwe Junge. Der Thüringer AfD-Landeschef und Flügel-Gründer Björn Höcke ist seinem Ziel, die AfD als „Bewegungspartei“ aufzustellen, damit noch ein Stück näher gekommen.

Der Parteikonvent, der Samstagfrüh in Dresden tagte, hatte zwar noch wenige Stunden zuvor erklärt, die Teilnahme an diesem Marsch zum Gedenken an die Tötung eines 35-jährigen Chemnitzers sei nicht als Schulterschluss mit Pegida zu verstehen. Doch angesichts der Fakten, die später auf der Straße geschaffen wurden, erscheint diese Debatte weltfremd. „Wenn es hier einen Schulterschluss gab, dann war es einer innerhalb der AfD“, resümiert der Brandenburger AfD-Vorsitzende und Flügel-Mann Andreas Kalbitz.

Damian Lohr ist dagegen deutlich um Abgrenzung bemüht. Er ist nicht nur Bundesvorsitzender der Jungen Alternative, sondern auch rheinland-pfälzischer Landtagsabgeordneter. Deshalb hat er, wenn Teile der JA ins Visier des Verfassungsschutzes rücken, viel zu verlieren. Lohr schlägt die „Abgliederung“ der JA-Landesverbände Niedersachsen und Bremen vor. Sollte es dafür keine Mehrheit geben, will er als Vorsitzender der Jugendorganisation zurücktreten.

Mit den Kundgebungen in Chemnitz haben die Entscheidungen der Landesämter für Verfassungsschutz in Bremen und Niedersachsen nichts zu tun. Es geht wohl eher um bedenkliche Äußerungen einiger Mitglieder sowie um Kontakte zur Identitären Bewegung (IB). Die IB wird im aktuellen Verfassungsschutzbericht als „Verdachtsfall“ im Bereich des Rechtsextremismus aufgelistet.

Zur AfD hatten die Leiter der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern im vergangenen März einvernehmlich festgestellt: „Derzeit sind keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die eine Beobachtung der AfD als Partei durch den Verfassungsschutzverbund begründen würden.“ Die AfD kommt im aktuellen Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) weder als Beobachtungsobjekt vor noch als Verdachtsfall, sondern nur als Mobilisierungsfaktor und „Erste-Klasse-Gegner“ für Linksextremisten.

Der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz hält den bürgerlichen Habitus einiger AfD-Politiker für die Fassade einer Partei, die „immer weiter in die völkisch-nationalistische bis offen rassistische Ecke“ abdriftet. Der Bundestagsabgeordnete sagt: „Es gibt auf Ebene der Landesämter für Verfassungsschutz seit vielen Monaten gewichtige Stimmen, die mit guten Argumenten eine Beobachtung befürworten. Diese Argumente überzeugen mich.“

AfD-Parteivize Kay Gottschalk mag den Begriff der „Bewegungspartei“ nicht. In Chemnitz wäre er aber auch mitmarschiert, sagt er, hätte man ihn am Samstag nicht beim AfD-Kreisparteitag in Köln als Versammlungsleiter gebraucht. Der Bundestagsabgeordnete aus NRW sagt: „Wir haben in Deutschland jetzt einen Punkt erreicht, wo die Menschen sagen, jetzt reicht es, wir haben das satt.“