Interview Bundestagsvize Pau (Linke) spricht AfD-Mann Glaser Eignung fürs Vize-Amt ab

Die Linke Petra Pau ist seit 2006 Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages. Und damit die Dienstälteste in diesem Amt. Nach Ansicht der 54-Jährigen muss sich der Bundestag verändern. Ein Gespräch über die künftige Parlamentsarbeit, die AfD und über Wolfgang Schäuble.

Petra Pau (Archivbild) ist seit 2006 Vizepräsidentin des Bundestags.

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Frau Pau, elf Jahre sind Sie jetzt Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestages. Davon konnte man nicht ausgehen, oder?

Pau: In der Tat. Ich erschrecke manchmal selbst darüber, wie lange ich schon dieses hohe Amt ausüben darf. Und das bei der Vorgeschichte.

Eigentlich sollte 2005 Lothar Bisky für die PDS zum Vize gewählt werden. Die anderen Fraktionen ließen ihn aber dreimal durchrasseln. Worin liegt der Unterschied zum aktuellen Fall des AfD-Mannes Glaser?

Pau: Da gibt es einen großen Unterschied. Bei Lothar Bisky hat es keine öffentliche Auseinandersetzung mit seiner Kandidatur gegeben. Es war eine Nicht-Wahl ohne Ansage. Ohne echten, inhaltlichen Grund. Während es im Fall Glaser eine Debatte über dessen Kandidatur und seine Äußerung zur Religionsfreiheit und dem Islam gegeben hat. Eine Mehrheit in den anderen Fraktionen ist dabei zu dem Schluss gekommen, die vorgeschlagene Person für nicht geeignet zu halten. Das ist völlig legitim.

Aber auch der AfD steht der Posten des Vize-Präsidenten zu.

Pau: Ich sage ganz deutlich: Ich spreche der AfD nicht das Recht ab, einen Platz im Präsidium zu besetzen. Im Übrigen auch nicht andere Positionen im Parlament. Am Ende muss aber immer die persönliche Eignung entscheiden. Und die sehe auch ich bei Herrn Glaser nicht. Das ist übrigens keine Lex AfD. Sondern Teil der Verfahrensregeln, die wir uns im Parlament gegeben haben.

Wird ihr Job im neuen Bundestag jetzt schwieriger?

Pau: Er wird anders werden. Das hat sich bei der konstituierenden Sitzung des Bundestages schon angedeutet. Ich bin fest entschlossen, mein Amt so auszufüllen, dass jeder Abgeordnete seine Rechte und Pflichten ausüben kann.

Was wird denn anders werden?

Pau: Zunächst müssen wir als Parlament dafür sorgen, dass dringend notwendige Änderungen für einen lebendigeren Parlamentsalltag umgesetzt werden. Die Kanzlerin trägt keinen Schaden davon, wenn sie in der Fragestunde des Bundestages auch mal selbst auftritt. Obendrein muss das Parlament stärker die Themen setzen können. Diese Einsichten machen sich zum Glück in allen Fraktionen langsam breit.

Raten Sie zur Gelassenheit im Umgang mit der AfD?

Pau: Aus dem Wahlkampf habe ich sehr unangenehme Erinnerungen an die Auseinandersetzung mit dieser Partei und insbesondere mit ihren Anhängern. Als Vizepräsidentin gehe ich aber gelassen in die Sitzungsleitung, da ich schon so manche zugespitzte Debatte erlebt habe. Ich hoffe, dass der Austausch von Argumenten und das Ringen um Mehrheiten im Vordergrund stehen wird und nicht die Grenzüberschreitungen.

Als dienstälteste Vize-Präsidentin treffen Sie mit Wolfgang Schäuble auf einen Bundestagspräsidenten, der der dienstälteste Abgeordnete ist. Kann Schäuble noch etwas von ihnen lernen?

Pau: Wir hatten einen ersten, sehr kollegialen Austausch im Präsidium. Es gibt Manches, was ich aus den elf Jahren im Amt an Erfahrung mitbringe. Umgekehrt werde ich sicherlich von seiner großen Parlamentserfahrung profitieren können. Also werden wir beide voneinander lernen.