Bundesverfassungsgericht rügt Legehennen-Verordnung

Karlsruhe (dpa) - Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelung zur Kleingruppenhaltung von Legehennen aus formalen Gründen für verfassungswidrig erklärt.

Tierschützer seien nicht ordnungsgemäß gehört worden, entschieden die Karlsruher Richter in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss (2 BvF 1/07 - Beschluss vom 12. Oktober 2010). Allerdings bleibt die Verordnung noch bis zum 31. März 2012 gültig. Danach muss eine Neuregelung her.

Zwar sind Legebatterien seit Anfang des Jahres verboten; mit der Kleingruppenhaltung, bei der die Hennen etwas mehr Platz haben, gibt es aber noch immer eine Käfighaltung.

Dem Richterspruch lag eine Normenkontrollklage des Landes Rheinland-Pfalz zugrunde. Das Land hält die Kleingruppenhaltung nicht für tierschutzgerecht. Das höchste deutsche Gericht entschied zwar nicht inhaltlich über die Regelung. Der Zweite Senat bemängelte aber, dass die Tierschutzkommission nicht in der nach dem Tierschutzgesetz erforderlichen Weise angehört wurde.

Die Anhörung zu der Verordnung sei „nur pro forma“ und „nicht beratungsoffen“ gewesen. Es spreche viel dafür, dass die Tierschutzkommission erst damit befasst worden sei, nachdem der Verordnungsentwurf durch das Kabinett gegangen und von der Europäischen Kommission notifiziert worden sei - und damit bereits beschlossene Sache war. Die für eine Anhörung „erforderliche inhaltliche Offenheit“ sei nicht mehr gegeben gewesen.

Mit dem Verstoß gegen das Anhörungserfordernis habe der Verordnungsgeber auch den Artikel 20a Grundgesetz verletzt, der den Staat zum Tierschutz verpflichtet. „Als Belang von Verfassungsrang ist der Tierschutz im Rahmen von Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen“, betonte der Senat.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium will den Richterspruch nun „umfassend prüfen“ und eine neue Verordnung unter Einbeziehung der Bundesländer, der Wissenschaft und Verbänden erlassen.

Der Verbraucher kann heute zwischen Eiern aus ökologischer Erzeugung, aus Freilandhaltung, aus Bodenhaltung und der Kleingruppenhaltung wählen. Das Bundesverfassungsgericht hatte 1999 die damalige Hennenhaltungsverordnung aus Tierschutzgründen für nichtig erklärt. Nach einer Verordnung aus dem Jahr 2002 war die konventionelle Käfighaltung abgeschafft worden. Als Haltungsformen waren nur noch die Boden- und die Volièrenhaltung vorgesehen. Nach einer weiteren Änderung im Jahr 2006 war die Käfighaltung aber wieder eingeführt worden - in Form der Kleingruppenhaltung.

Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft sieht durch den Beschluss die Kleingruppenhaltung nicht in Frage gestellt; das Gericht habe lediglich Verfahrensfehler moniert und sich nicht zur Tierschutzwidrigkeit geäußert. Derzeit werden nach Angaben der Geflügelzüchter rund zehn Prozent der deutschen Legehennen in Kleingruppen gehalten.

Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Ernährung der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Peter Bleser, forderte die Regierung auf, für die Hennenhalter schnellstmöglich Planungssicherheit zu schaffen, damit nicht noch mehr Marktanteile in der Eierproduktion an Länder verloren gingen, „die bei weitem nicht unsere Tierschutzstandards aufweisen“. Die Tierrechtsorganisation Peta Deutschland forderte hingegen den sofortigen Abriss der Kleingruppenhaltungen; Hühner könnten hier nicht artgerecht leben.

Für die FDP-Bundestagsfraktion forderte Christel Happach-Kasan, dass die Tierschutzbelange im Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt werden. Die Legehennenverordnung selbst sei aber eine gute Regelung: Sie habe für größere Ställe gesorgt, und viele Halter hätten ganz auf Bodenhaltung umgestellt.

Dem Ministerium zufolge gibt es bundesweit mehr als 1000 Betriebe mit 3000 und mehr Hennenhaltungsplätzen. Die Käfighaltung sei stark zurückgegangen: von 62 Prozent im Jahr 2008 auf knapp 38 Prozent im vergangenen Jahr. In der Bodenhaltung habe sich die Kapazität seit 2008 auf 16,6 Millionen Plätze in 2009 fast verdoppelt - sie sei mit einem Anteil von 44,5 Prozent die wichtigste Haltungsform.