Bundeswehr startet mit 13 000 Freiwilligen in neue Ära

Berlin (dpa) - Nach 55 Jahren Wehrpflicht startet die Bundeswehr mit mehr als 13 000 Freiwilligen in eine neue Ära. Damit hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sein Ziel von mindestens 5000 Freiwilligen erst einmal deutlich übertroffen.

Am Donnerstag verließen die letzten Wehrpflichtigen die Kasernen. Auch beim Übergang vom Zivil- zum Bundesfreiwilligendienst bleibt der von Wohlfahrtsverbänden befürchtete Einbruch zunächst aus: Während es bisher 19 700 Zivis gab, werden es ab Freitag 17 300 „Bufdis“ sein.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sprach von einem Einschnitt: „Von morgen an ist die Bundeswehr eine Freiwilligenarmee. Das ist eine Zäsur, nicht nur für die Bundeswehr“, sagte er am Abend in Hamburg. Den Platz der Bundeswehr sehe er aber weiterhin in der Mitte der Gesellschaft.

In der „Bild“-Zeitung (Freitag) hob der Minister hervor, die Rekrutierungszahlen seien besser als erwartet. „Ich gehe davon aus, dass wir auch in den kommenden Jahren genug Freiwillige und Zeitsoldaten bekommen.“ Auch der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus zeigte sich zufrieden. „Wir sehen, dass die ursprünglichen pessimistischen Annahmen in dieser gravierenden Form offenbar nicht Realität geworden sind“, sagte er.

Die Wehrpflicht wurde in der Bundesrepublik im Juli 1956 per Gesetz eingeführt, die ersten 10 000 jungen Männer wurden zum 1. April 1957 eingezogen. Seitdem haben insgesamt 8,3 Millionen junge Männer ihren Pflichtdienst geleistet. Die letzten 12 000 Wehrpflichtigen wurden zum 3. Januar dieses Jahres einberufen. Ihre sechsmonatige Dienstzeit endete am Donnerstag. Die Wehrpflicht bleibt allerdings im Grundgesetz verankert und kann bei Bedarf mit einfacher Mehrheit in Bundestag und Bundesrat wieder eingeführt werden.

Der neue freiwillige Wehrdienst dauert bis zu 23 Monate und steht auch Frauen offen. Am kommenden Montag werden 3419 junge Leute in die Bundeswehr aufgenommen. Seit März waren bereits rund 4000 Freiwillige rekrutiert worden. Hinzu kommen 5700 Wehrpflichtige, die länger bei der Bundeswehr bleiben. Wegen des Übergangs von der Wehrpflicht zur Freiwilligenarmee wird sich wahrscheinlich erst im kommenden Jahr ein klares Bild über den Erfolg des Freiwilligendienstes bieten.

Nach Angaben de Maizières läuft auch die Anwerbung von Berufs- und Zeitsoldaten gut. Zum 1. Juli hätten sich 3761 Zeitsoldaten für 24 Monate oder länger verpflichtet. Bei den Offiziersanwärtern sei das Soll für dieses Jahr bereits zu 97 Prozent erfüllt, bei Unteroffizieren und Mannschaften zu 77 Prozent.

Für den zivilen Freiwilligendienst wurden bisher gut 3000 neue Verträge unterzeichnet, davon die Hälfte allein in der vergangenen Woche. 14 300 Zivildienstleistende verlängerten freiwillig ihren Dienst. Das sei ein „reibungsloser Übergang“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Familienministerium, Hermann Kues.

De Maizière will künftig mit dem Slogan „Wir. Dienen. Deutschland.“ für die Bundeswehr werben. Entscheidend werde sein, „dass wir jetzt im ersten Jahr die jungen Leute beim Bund begeistern - und nicht durch Gammeldienst enttäuschen“, sagte er. Prognosen, das Bildungsniveau der Soldaten werde sinken, trat er entgegen.

Königshaus trat für ein Bündel von Attraktivitätsmaßnahmen ein, um die angestrebte Personalstärke der Bundeswehr von 175 000 Soldaten zu sichern. Er sprach sich unter anderem dafür aus, den Soldaten durch ein neues Stationierungskonzept häufige Standortwechsel zu ersparen. Auch Unterbringung und Versorgung in den Kasernen müssten verbessert und finanzielle Anreize gesetzt werden. Königshaus befürwortete in diesem Zusammenhang Verpflichtungsprämien wie in den USA. Er zeigte sich auch offen für die Aufnahme von in Deutschland lebenden Ausländern in die Bundeswehr. Für Bewerber ohne deutschen Pass müsste es dann allerdings auch „eine vereinfachte Möglichkeit der Einbürgerung“ geben.