Castor-Transport rollt unter massivem Polizeischutz
Karlsruhe/Magdeburg/Lubmin (dpa) - Gesichert von einem massiven Polizeiaufgebot ist der Castor-Transport mit Atommüll am Mittwoch fast ungehindert von Karlsruhe in Richtung Zwischenlanger Lubmin gerollt.
Trotz zahlreicher Protestaktionen musste der Zug auf seinem Weg von Baden-Württemberg nach Mecklenburg-Vorpommern bis zum Abend nur in Halle (Sachsen-Anhalt) außerplanmäßig für rund eine Stunde halten. Hier hatten sich zwei Atomkraftgegner von einer Eisenbahnbrücke abgeseilt. Die fünf Castoren sollten in der Nacht zu Donnerstag am Atommüll-Zwischenlager Lubmin ankommen, wo weitere Demonstrationen erwartet wurden.
Schon beim Start an der ehemaligen Wiederaufarbeitungsanlage in Karlsruhe blockierten mehrere hundert Atomkraftgegner in der Nacht zu Mittwoch die Gleise und wurden von der Polizei weggetragen. 310 Demonstranten wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen. Sie werden wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsrecht angezeigt. Gegen acht Protestierer wird außerdem wegen Widerstands gegen die Polizei sowie Beleidigung und Nötigung ermittelt. Ein Polizist erlitt eine Gehirnerschütterung durch den Schlag eines Demonstranten.
Die ersten Kilometer bei Karlsruhe galten als besonders kritisch, da sie durch Wohngebiete führten. Mehr als 1000 Polizisten sicherten allein dort den Zug ab.
Bei dem Protest auf einer Eisenbahnbrücke über die Saale bei Halle hatten zwei Männer Stahlseile auf die Gleise gelegt und sich daran in die Tiefe abgelassen, wie die Umweltschutzorganisation Robin Wood und die Polizei mitteilten. Der Zug hielt auf der Brücke an, weil er sonst das Leben der beiden Männer gefährdet hätte. Die Polizei rückte mit Spezialkräften aus und beendete die Aktion der Demonstranten, die nun mit einer Anzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr rechnen müssen. „Das ist kein Kavaliersdelikt“, sagte der Sprecher der Bundespolizei, Stefan Perschall.
Am späten Mittwochabend erreichte der Zug Magdeburg. Dort wurde die Diesellok aufgetankt. Zudem wurde das Personal gewechselt und der Zug technisch überprüft, wie ein Polizeisprecher berichtete. Nach etwas mehr als einer Stunde setzte er seine Fahrt fort.
Am Mittwochvormittag hatte der Zug die Landesgrenze zu Bayern passiert, knapp zwei Stunden später fuhr er nach Hessen. Bei Ronshausen im Kreis Hersfeld versuchten Demonstranten, den Castor-Transport aufzuhalten. Der Zug habe aber nicht wegen einer Gleisblockade länger halten müssen, sondern weil betriebsbedingt ein Signal auf Halt stand, erklärte die Polizei. Die Beamten brachten mehrere Demonstranten von den Gleisen fort.
In den fünf Castoren sind 56 Tonnen radioaktiver Abfall aus der vor zwei Jahrzehnten stillgelegten Wiederaufarbeitungsanlage. Der früher als „Atomsuppe“ bezeichnete stark strahlende Müll wurde verglast, um ihn transportfähig zu machen.
Die Castor-Gegner stören sich daran, dass der Atommüll aus Baden-Württemberg nicht auch dort gelagert wird. Nach ihrer Ansicht muss der strahlende Abfall in dem Bundesland bleiben, in dem er anfällt. Ihr Hauptanliegen ist jedoch, dass keine Energie mehr aus Atomkraft produziert wird.