CDU-Wahlkampfstart mit Rückenwind
Wilhelmshaven (dpa) - Mit dem Rückenwind guter Umfragewerte, aber belastet durch den angeschlagenen Koalitionspartner FDP zieht die CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Wahlkampf 2013.
Die Dauerkrise der FDP, mit der Merkel nach der Bundestagswahl im Herbst gern weiterregieren würde, versuchte die CDU-Chefin am Samstag bei einer Vorstandsklausur ihrer Partei in Wilhelmshaven (Niedersachsen) herunterzuspielen. Auf die Frage, ob die Liberalen ihr die Wahlen in Niedersachsen am 20. Januar sowie im Bund im Herbst verhageln könnten, sagte Merkel, sie sei optimistisch, dass die FDP aus eigener Kraft die Menschen überzeugen könne. Die FDP liegt in Umfragen derzeit bei etwa 4 Prozent, die Union bei über 40.
Die FDP werde bei ihrem traditionellen Dreikönigstreffen an diesem Sonntag in Stuttgart „eine sehr gute Veranstaltung hinlegen“ und sich auf Sachfragen konzentrieren, meinte Merkel. Eine Leihstimmenkampagne lehnte sie wie Niedersachsens CDU-Ministerpräsident David McAllister ab. Er stellte klar: „Die CDU wirbt um jede Erststimme und um jede Zweitstimme. (...) Die Zweitstimme ist die entscheidende Stimme.“
Auf die Frage, ob sie mit dem Agieren von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zufrieden sei, der für seine Forderung nach einem höheren Kanzlergehalt in Deutschland in die Kritik geraten ist, antwortete Merkel: „Ehrlich gesagt: Ich kümmere mich um mein Agieren. Und damit bin ich ganz zufrieden.“
Merkel trat Befürchtungen vor einer möglichen Endlagerung deutschen Atommülls im Ausland entgegen. „Die Absichten, die wir haben sind, dass wir unseren Abfall bei uns lagern. Dafür haben wir auch schon so manche Schlacht geschlagen“, sagte sie mit Blick auf Rücktransporte von Atommüll aus der Wiederaufbereitung im Ausland. Zuvor hatte ein Gesetzentwurf Kritik ausgelöst, wonach Atommüll- Exporte grundsätzlich ermöglicht werden sollen.
Die CSU holte sich mit ihrer erneuten Forderung nach Einführung einer Pkw-Maut eine Abfuhr. „Meine Haltung zu dem Thema hat sich nicht verändert“, sagte Merkel, die eine solche Gebühr für Autofahrer ablehnt. Die CSU will die Maut in ein gemeinsames Wahlprogramm von CDU und CSU schreiben - zumindest aber in ihr eigenes.
Die CDU-Spitze verabschiedete in Wilhelmshaven eine Erklärung, in der sie Deutschland als Wirtschafts- und Industriestandort zu ihrem zentralen Anliegen im Wahlkampf macht. Dazu gehören Ankündigungen, auch die Lage von Arbeitnehmern wie Geringverdienern und älteren Erwerbstätigen zu verbessern. Rat für ihr Wirtschaftskonzept holte sich die CDU von IG-Metall-Chef Berthold Huber und Industrieverbandspräsident Ulrich Grillo.
Huber forderte die CDU auf, die Voraussetzungen für höhere Löhne von Geringverdienern in der Industrie zu schaffen: „Wir glauben, dass eine funktionierende Industrie nicht angewiesen ist auf prekäre Arbeit.“ Grillo, seit Jahresbeginn neuer Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), äußerte sich besorgt über die prognostizierte langfristige Wachstumsrate von 1 bis 1,5 Prozent in Deutschland. „Das ist zu wenig. Er forderte mehr Investitionen und Deregulierung und Haushaltskonsolidierung. Er warnte vor Steuererhöhungen. Auch Merkel lehnte Steuererhöhungen ab.
In der „Wilhelmshavener Erklärung“ spielen auch regional- und branchenspezifische Lohnuntergrenzen eine Rolle. Die FDP lehnt Mindestlöhne auch dieser Art allerdings zum Unmut von Merkel ab. Merkel sagte, der Wohlstand werde auch dadurch gesichert, dass Arbeitsplätze fair bezahlt werden. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte: „Ungesicherte Arbeitsverhältnisse und Niedriglöhne werden von der CDU ignoriert.“ Lohnuntergrenzen seien eine Mogelpackung. Und nicht einmal die könne Merkel gegen die FDP durchsetzen. Nötig sei ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn.