Chef der Jungen Union warnt vor Mitgliederschwund
Berlin (dpa) - Der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, warnt vor dem Mitgliederschwund deutscher Parteien. „Es droht uns ein Szenario, was keiner haben will: Dass Parteien zu reinen Funktionärsorganisationen verkommen“, sagte Ziemiak der Deutschen Presse-Agentur.
„Das ist etwas, was nicht gut ist.“ Nach Zahlen des Parteienforschers Oskar Niedermayer hat die CDU etwa seit 1990 mehr als 40 Prozent ihrer Mitglieder verloren, die SPD etwa 50 Prozent.
Eine CDU-Kommission erarbeitete nun Vorschläge, wie die Partei mehr Anhänger gewinnen könnte. Die Reformvorschläge seien angesichts des Mitgliederschwunds wichtig, sagte Ziemiak. Über Eckpunkte der Reform soll der Parteivorstand an diesem Montag abstimmen. Endgültig entscheiden wird der Bundesparteitag in Karlsruhe im Dezember.
„Parteimitgliedschaft muss an sich attraktiver werden“, sagte Ziemiak. „Da ist ein ganz konkreter Vorschlag: Alle Mitglieder dürfen mit abstimmen, wenn es um ihren Kandidaten für eine Spitzenposition vor Ort geht.“ Etwa Landtags- und Bundestagsabgeordnete, Landräte, Oberbürgermeister. Ob diese Idee angenommen wird, ist unklar. Angedacht sind auch mehr Haustürgespräche und mehr Versuche, Menschen nach einem Parteiaustritt wieder zurückzugewinnen.
Ziel ist zudem, mehr junge Leute, mehr Menschen mit Migrationshintergrund und mehr Frauen anzuwerben. Der Frauenanteil soll bis 2020 auf mehr als 30 Prozent steigen. „Das hört sich wenig an. Aber wir wollen realistische Ziele“, sagte Ziemiak. Frauen sind in allen bekannteren Parteien unterrepräsentiert, wie aus der Statistik Niedermayers von der Freien Universität Berlin hervorgeht. In der CDU lag der Anteil zuletzt bei 25,8 Prozent (Stand Ende 2014).
Die Parteien kämpfen auch mit der Überalterung. Die Mitglieder von CDU und SPD sind durchschnittlich 59 Jahre alt. Bei der CSU liegt der Schnitt laut Niedermayers Statistik bei 58 Jahren, in der FDP bei 54 Jahren, bei den Grünen bei 49 Jahren. Am stärksten trifft die Überalterung die Linkspartei - der Durchschnitt beträgt 60 Jahre.
„Wir erleben einen stetigen Rückgang der Mitgliederzahlen und eine immer schwächere Bindungskraft“, sagte Ziemiak. „Das heißt: Menschen treten nicht mehr so früh ein, bleiben nicht mehr so lange Mitglied, fühlen sich vielleicht nicht so sehr verbunden.“ Das beobachte man auch in den Kirchen, Gewerkschaften und Vereinen.
„Wenn wir eine Volkspartei bleiben wollen - das ist ja unser Anspruch, dann müssen wir etwas verändern“, sagte Ziemiak. Er warnte davor, dass nur Leute mit wichtigen, gesellschaftlichen Funktionen in Parteien seien, aber die breite Mitgliederbasis fehle. „Wir brauchen starke Parteien, die bis in die Dörfer verankert sind, damit wir den Platz nicht Leuten überlassen, die radikal sind“, sagte Ziemiak.