Das Kabinett: Aufsteiger, Absteiger und einige Neulinge

Berlin. Die schwarz-rote Regierung bietet einige Überraschungen. Darunter sind nicht nur neue Gesichter, sondern auch zwei Aussteiger: Für Ronald Pofalla (Kanzleramt) und Peter Ramsauer (Verkehr) war keine Stelle mehr frei.

Angela Merkel (CDU), Bundeskanzlerin. Es ist ihre dritte Kanzlerschaft. Wieder eine große Koalition. Bei ihrer ersten hat sich die heute 59-Jährige als Moderatorin gesehen, um die ungleichen Partner Union und SPD beieinander zu halten. Das hat ihr genutzt. So wird sie es wieder machen. Merkel bleibt die Pragmatikerin der Macht.

Sigmar Gabriel (SPD), Vizekanzler, Wirtschaft und Energie. Als Ministerpräsident in Niedersachsen gescheitert, dann Popbeauftragter, Umweltminister und Parteichef aus der Not heraus. Der 54-Jährige ist gereift, stark wie nie. Er muss die verkorkste Energiewende stemmen. Dann ist ihm die Kanzlerkandidatur 2017 kaum zu nehmen.

Wolfgang Schäuble (CDU), Finanzen. Das Schlüsselressort im Kampf gegen die Eurokrise bleibt in Unionshand, damit auch die Macht über den Etat. Womöglich ist es ein Fehler der SPD, nicht nach dem Posten gegriffen zu haben. Als Sparkommissar hat Schäuble bisher jedoch kaum überzeugt. Er ist 71, aber Merkel braucht ihn.

Frank-Walter Steinmeier (SPD), Außenminister. Der 57-Jährige wollte Fraktionschef bleiben, um seine Machtposition in der SPD zu festigen. Doch er ist der einzige bei den Genossen, der den Job kann. Er wird sich gegen Merkel behaupten müssen, die Außenpolitik am liebsten selbst betreibt. Reibereien sind programmiert.

Ursula von der Leyen (CDU), Verteidigung. Die Überraschung. Merkel macht sie zur Kronprinzessin. Wieder betritt von der Leyen Neuland: Erst war sie Familien-, dann Arbeitsministerin. Die 55-Jährige muss jetzt die Rüstungsflops aufarbeiten. Und es hakt bei der Bundeswehrreform. Ihr Vorteil: Sie ist unbelastet.

Andrea Nahles (SPD), Arbeit und Soziales. Nahles’ Wahlkämpfe als Generalsekretärin waren nicht erfolgreich. Dennoch wird die 43-Jährige nun belohnt. Sie muss die Einführung des Mindestlohns und die Rentenbeschlüsse gegen Widerstände umsetzen. Dass eine Sozialdemokratin dies versuchen wird, soll positiv auf die SPD-Basis wirken.

Thomas de Maizière (CDU), Inneres. Wieder Innenminister. Es ist seine Chance, sich nach dem Drohnendebakel neu zu profilieren, und damit zurück ins Rennen um die Nachfolge Merkels zu kommen. Flüchtlings-, Datenschutz- und Anti-Terror-Politik, es gibt viel zu tun für den 59-Jährigen, den bürokratischsten aller Minister.

Heiko Maas (SPD), Justiz und Verbraucherschutz. Der Neue in Berlin. Der Saarländer kann große Koalition, an der Saar war der gelernte Jurist Wirtschaftsminister. Der 47-Jährige wird Gegenspieler des Innenministers. Verbraucherschutz ist zudem ein populäres, mit vielen Rechtsfragen verbundenes Thema. Klug, beides zu bündeln.

Alexander Dobrindt (CSU), Verkehr und digitale Infrastruktur. Das Ministerium ist ganz auf Bayern zugeschnitten. Der CSU-Generalsekretär wird mit dem Amt belohnt. Er soll die Maut umsetzen. Auch muss der 43-Jährige den Investitionsstau und die Probleme beim Breitbandausbau beheben. Eine Herkulesaufgabe für den unbeliebten Dobrindt.

Barbara Hendricks (SPD), Umwelt und Wohnungsbau. Die 61-Jährige bekommt das Amt, weil der SPD-Landesverband NRW nicht leer ausgehen darf. Keine guten Startvoraussetzungen. Umwelt und Wohnungsbau ergänzen sich zum Teil. Hendricks läuft aber Gefahr, zur umweltpolitischen Grußtante zu werden. Energie macht nämlich Gabriel.

Manuela Schwesig (SPD), Familie. Die Sozialministerin aus Mecklenburg-Vorpommern war für das Amt gesetzt. In der Familienpolitik ist von Elterngeld bis Kita-Ausbau in den vergangenen Jahren vieles abgeräumt worden. Die 39-jährige Schwesig muss aufpassen, dass ihr Ressort nicht wieder in vergangene „Gedöns“-Zeiten abgleitet.

Gerd Müller (CSU), Entwicklung. Er ist der Newcomer im Kabinett. Bislang war Müller parlamentarischer Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium. Er kann gut mit Parteichef Seehofer, der ein außenpolitisches Amt für die CSU wollte. Welche Idee der 56-Jährige von Entwicklungshilfe hat, weiß man nicht.

Johanna Wanka (CDU), Bildung. Die 62-Jährige darf weiter machen, nachdem sie erst im Februar für Annette Schavan das Amt übernommen hatte. Nun muss Wanka aber beweisen, dass sie sich gegen die Länder behaupten kann. Und sie muss mithelfen, dass das Bildungssystem endlich durchlässiger wird. Das wird schwer.

Hans-Peter Friedrich (CSU), Landwirtschaft. Was für ein Abstieg für den Politiker. Als Innenminister hat Friedrich nicht überzeugt. Die CSU will jedoch die Agrar-Bastion mit Blick auf die bayrischen Wähler nicht aufgeben. Der 56-Jährige ist bei Parteichef Horst Seehofer noch einigermaßen gelitten. Das ist Friedrichs Glück.

Hermann Gröhe (CDU), Gesundheit. Kanzlerin Merkel belohnt ihren Wahlkampfmanager. Gesundheitspolitisch ist der Mann aus dem Wahlkreis Neuss noch nicht in Erscheinung getreten. Das Gesundheitswesen ist aber voller Baustellen und Fallstricke, der 52-Jährige wird deshalb jede Menge zu tun haben, um in dem Ressort bestehen zu können.

Peter Altmaier (CDU), Kanzleramtschef. Altmaier kann Strippen ziehen und zusammenführen. Das ist wichtig, denn der 55-Jährige muss den Regierungsalltag sowie die Zusammenarbeit mit den Ländern koordinieren. Dass der Ex-Umweltminister auch Ausputzer kann, wie sein Vorgänger Pofalla in der NSA-Affäre, muss er noch belegen.